DREAM THEATER - Der Traum vom großen Theater

20. Januar 2016

Dream Theater

Als sich die Progmetalpioniere Dream Theater vor knapp 31 Jahren, zunächst unter dem Namen Majesty, formierten, war schnell klar, dass die Band für musikalische Höhenflüge und Leckerbissen im Spannungsfeld von Progressive Rock und Metal sorgen würde. Auf dem Weg zu einer der führenden Progmetalinstitutionen landeten Dream Theater 1992 mit „Pull Me Under“ vom Album „Images And Words“ sogar einen Hit. Selbstironisch betitelten sie 2008 ihre erste Compilation „Greatest Hit (...And 21 Other Really Cool Songs)“.

Seit „Pull Me Under“ bzw. „Images“, dem zweiten Dream-Theater-Album, ist der Kanadier James LaBrie Sänger der Band von der Ostküste. Viel kritisiert, vor allem vom damaligen Bandschlagzeuger Mike Portnoy, ist LaBrie längst ein überaus wichtiger Baustein des Dream-Theater-Sounds. Doch waren Dream Theater schon immer größer als die Summe ihrer Teile. Ob „The Astonishing“ tatsächlich ein oder gar ihr Meisterwerk ist, wird wie immer die Zeit zeigen. Zumindest versuchten uns Petrucci und LaBrie auf der Couch eines Berliner Nobelhotels davon zu überzeugen.

John Petrucci: (mit Blick aufs Cover der letzten eclipsed-Ausgabe mit dem Titelthema Roger Waters’ „The Wall“) Im Grunde genommen brauchen wir gar nicht weiterzureden. Das ist es: „The Wall“ ist das große Vorbild für unser neues Werk. Wie „The Wall“ hat auch „The Astonishing“ den Anspruch, für sich zu stehen. Es soll mehr sein als nur eine Dream-Theater-Platte. Es könnte und soll vielleicht auch mal außerhalb des Bandkontextes funktionieren – Theater, Film, wie auch immer. Ich kann mir da vieles vorstellen. Das Album hat selbstverständlich alle Dream-Theater-Markenzeichen inklusive James’ charismatischer Stimme, aber wie „The Wall“ oder „Quadrophenia“ oder „Tommy“ nicht nur Pink-Floyd- bzw. The-Who-Alben sind, ist „The Astonishing“ nicht nur ein Dream-Theater-Album.

eclipsed: Bevor wir in der Richtung weitergehen, erzählt bitte, worum es in der Geschichte geht.

Petrucci: Die Geschichte von „The Astonishing“ ist in einer postapokalyptischen Dystopie angesiedelt. Dort herrscht ein ans Mittelalter erinnernder Feudalismus. Maschinen dominieren. Einige Menschen in dieser düsteren Gesellschaft sehnen sich nach einem Auserwählten, der sich mit ihnen erhebt und das freudlose, böse Reich bekämpft.

eclipsed: Es ist schon schwer, sich auf einen Song, ein Einzelstück bei „normalen“ Alben zu einigen, das sich heraushebt oder programmatisch ist für das Gesamtwerk. Wie schwer muss euch das bei einem solchem Monsterwerk gefallen sein.

Petrucci: Wir haben „The Gift Of Music“ vorab veröffentlicht, weil es herausragt, aber auch weil es zeigt, worauf es in der von mir gezeichneten Welt und natürlich in Ansätzen in unserer jetzigen Gesellschaft wirklich ankommt. Außerdem ist es eines der wenigen Stücke, von denen ich denke, dass man sie vom Rest separieren kann.

eclipsed: James, inwieweit unterscheidet sich „The Astonishing“ von den elf Alben, die du zuvor mit der Band aufgenommen hast.

James LaBrie: Als John vor etwa zweieinhalb Jahren mit der Idee dazu auf uns zukam, waren wir übrigen zwar gespannt, aber auch abwartend. Als es konkreter wurde, packte es auch John [Myung; Bassist], Mike [Mangini; Schlagzeuger] und mich. Ich schätze, man holt noch mal mehr aus sich heraus, wenn man die Größe des entstehenden Werkes erahnt. Es ist kein Album, dass von vier oder fünf Typen in einem Proberaum entwickelt wurde. Aber John war auch schon immer der musikalische Kopf von Dream Theater, so gesehen ist es nicht viel anders als vorher. Mit einem Unterschied: Es war von vornherein klar war, dass niemand außer John und Jordan komponieren und texten würde.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 177 (Feb. 2016).