JOHN COLTRANE - Wie ein Jazzmonument den Rock veränderte

21. September 2016

John Coltrane

John Coltrane, genannt Trane, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Er hat den Jazz verändert wie vor ihm nur Louis Armstrong, Duke Ellington und Charlie Parker. Mit Letzterem schien er auch das Schicksal zu teilen. Am 23. September 1926 geboren, war er alles andere als ein Senkrechtstarter. Er wuchs im Zeitalter der großen Tenorsaxofonisten auf. Coleman Hawkins und Lester Young hatten es vorgemacht, und die großen Labels des Jazz wie Prestige und Blue Note versuchten sich gegenseitig die Instrumentalisten abspenstig zu machen. Auf beiden Labels hat Coltrane Platten herausgebracht, doch auf vielen dieser Aufnahmen, die heute unter seinem Namen laufen, wurde er erst posthum als Bandleader geführt, denn eigentlich war er daran nur als Sideman beteiligt.

Der Mann mit dem großen Ton, der 1958 auf seiner Platte „Freedom Suite“ das Zeitalter des freien Jazz proklamierte, war Sonny Rollins. Er ließ sich als Saxophone Colossus feiern. Mit spielerischer Leichtigkeit fiel Rollins alles zu, wofür Trane hart kämpfen musste. Die schlimmste Brüskierung war für diesen jedoch, dass Rollins vier Jahre jünger und doch uneinholbar war. Zum großen Kräftemessen war es 1956 auf Rollins’ Album „Tenor Madness“ gekommen. Das Titelstück ist aus historischem Blickwinkel spannend wie ein Krimi. Nach dem kurzen Thema fällt Coltrane das erste Solo zu. Er ringt wie ein Irrer, will es dem Jüngeren zeigen. Doch als dieser übernimmt, braucht es nur wenige Töne, um Coltrane auf die Bretter zu knallen. Coltrane kämpft, Rollins tanzt.

Sheets of Sound

Doch Coltrane kämpfte nicht nur um den Ton. Wie unzählige andere Jazzmusiker seiner Generation hatte er auch mit dem Heroin zu kämpfen. Auf lange Sicht ein aussichtsloser Kampf. Sein Genie blitzte erstmals an der Seite von Miles Davis auf, dessen Quintett er mehrfach angehörte. 1959 brachte das Miles Davis Sextet mit Trane das Album „Kind Of Blue“ heraus. Das war eine völlig neue Art von Jazz, bei der nicht mehr über hektische Akkordwechsel improvisiert wurde, sondern über hypnotische Tonreihen, sogenannte Modes, was einen viel weicheren Fluss der Improvisation bei einer gleichzeitigen Erhöhung der spielerischen Freiheit erlaubte. Nur drei Jahre nach „Tenor Madness“ präsentierte sich auf „Kind Of Blue“ ein vollendeter Musiker, der im Begriff war, den Jazz aus den Angeln zu heben. Mit seinen Sheets of Sound hatte er eine neue Spielweise geschaffen, die den Eindruck erweckte, er würde mehrere Töne gleichzeitig in sein Horn pressen.

Lest mehr im eclipsed Nr. 184 (Oktober 2016).