Rappelkiste - IRMIN SCHMIDT blickt auf sein Lebenswerk in Form der Box „Electro Violet“ zurück

20. April 2016

Irmin Schmidt Can

Der in Südfrankreich lebende Komponist und Keyboarder Irmin Schmidt gehört zu den einflussreichsten Musikerpersönlichkeiten, die Deutschland im zwanzigsten Jahrhundert hervorgebracht hat. Zuallererst ist sein Name mit der Kölner Band CAN verbunden, aber er hat auch zahlreiche Soloalben, Soundtracks und sogar eine Oper geschaffen. Ein Jahr vor seinem achtzigsten Geburtstag erscheint unter dem Titel „Electro Violet“ eine Box mit der Retrospektive seines Gesamtwerks. Mit einer nicht ganz unwesentlichen Einschränkung.

eclipsed: Irmin, warum jetzt diese Retrospektive?

Irmin Schmidt: Im Lauf der Zeit hat sich viel angesammelt. Eines Tages will man einfach sein Gesamtwerk sehen. Vieles davon war ja auch nicht mehr auf dem Markt. Statt die CDs einzeln zu tröpfeln, sind nun alle auf einmal verfügbar. Später kann man sie sicher auch einzeln kaufen, aber eine Gesamtausgabe ist für jeden auch eine angenehme Sache.

eclipsed: Aber es ist ja nicht dein Gesamtwerk. Ein wichtiger Teil fehlt ja.

Schmidt: Der andere Teil ist CAN, aber davon gibt es ja bereits die Box. Und vor Kurzem sind die unveröffentlichten Aufnahmen erschienen. Jetzt gibt es praktisch alles, woran ich beteiligt bin, und das ist ein sehr angenehmes Gefühl.

eclipsed: Hast du für diese Ausgabe irgendwelche Bearbeitungen vorgenommen?

Schmidt: Nein, überhaupt nicht. Ich halte es für eine Unart, dass man immer versucht, den Sound zu modernisieren. Den Fehler haben wir einmal gemacht, als die ersten CDs von CAN rauskamen. Da haben wir am Sound rumgepopelt, aber die Aufnahmen sind dadurch nicht besser geworden, sondern schlechter. Bei CAN mussten wir deshalb beim Remastering auf den Originalsound zurückgehen. Bei meinen eigenen Alben war das nicht nötig. Ich habe alles so gelassen, wie es damals aufgenommen wurde. Die Technologie, mit der es damals gemacht wurde, gehört ja zu der Musik. Wir haben so gespielt, wie wir geklungen haben. Wenn man heute diesen Sound bearbeitet, stimmt etwas nicht, weil man ja gar nicht mit diesem Sound gespielt hat. So ein Musikstück erzählt etwas über meine Geschichte. Im Kontext des endlosen Themas von Kunst und Wahrheit bin ich dafür, an diesen Sachen nichts mehr zu ändern.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 180 (Mai 2016).