RETRO? ROCK! - Blues Pills und die neue Generation Rock

22. Juni 2016

Blues Pills

Rock’n’Roll im Konferenzzimmer. Soweit haben es Blues Pills mittlerweile gebracht. Beim ersten persönlichen Gespräch, das eclipsed mit Dorian Sorriaux und Elin Larsson führte, nur wenige Kilometer vom jetzigen Treffpunkt in einem Kölner Nobelhotel entfernt, ging es weit weniger gesittet zu: halbnackig und reichlich verschwitzt nach einem Supportgig für Orchid empfing uns die Band damals im Backstageraum des räudigen, wiewohl charmanten Gebäude 9. Noch keine drei Jahre ist das her, und schon damals war uns klar, dass da ein Rohdiamant zu funkeln begann. Der 2014 veröffentliche erste Longplayer führte zu weiterem Schulterklopfen. Doch nun mit dem zweiten Album im Gepäck gibt es kaum noch ein Halten. Mit „Lady In Gold“ setzen sich die Blues Pills an die Spitze der Retro-Rock-Bewegung.

eclipsed: Journalisten brechen sich immer einen ab, wenn sie beschreiben sollen, woher die multinationale Band Blues Pills kommt. Dabei lebt ihr doch inzwischen alle im schwedischen Örebro. Also: Blues Pills aus Schweden, richtig?

Dorian Sorriaux: Genau. Ich als Franzose sollte dazu etwas sagen. (lacht) Das Bandbasislager ist in Örebro, und da sind wir auch alle zuhause. Selbst wenn ich aus Frankreich komme und unser Bassmann Zack [Anderson; Anm.] aus den USA stammt.

Elin Larsson: Ich, die ja tatsächlich von hier stammt, will jetzt nicht auf Lokalpatriotismus machen, denn mir gefällt es auch gut in Iowa, das ist der ruhige Flecken in den USA, aus dem Zack stammt. Und immer, wenn ich in Deutschland bin, fühle ich mich dort sehr wohl. Also Örebro ist vollkommen in Ordnung, aber wir möchten es nicht überhöhen. Für schwedische Verhältnisse ist es eine große Stadt [gut 100.000 Einwohner], dennoch ist es sehr überschaubar. Einige gute Bands stammen von hier [u. a. Millencolin, Truckfighters; Anm.]. Aber ich möchte nicht ausschließen, mal woanders hinzuziehen.

Sorriaux: In knapp zwei Stunden bist du in Stockholm, Oslo oder Göteborg.

eclipsed: Früher waren London, Berlin, Los Angeles und New York die ersten Adressen. Nun steht bei Musikern Nashville ganz hoch im Kurs.

Sorriaux: Aber wir sind eine richtige Band und keine Session-Musiker, die ständig auf Jobsuche sind. Denn dafür ziehen Musiker inzwischen doch nach Nashville.

eclipsed: Außerdem seid ihr ein Großteil des Jahres auf Tour. Was ist das Erste, was man macht, wenn man nach Hause kommt?

Larsson: So luxuriös geht es bei uns nicht zu, dass es ein riesigen Unterschied zwischen Tour, Promotagen und Zuhause gäbe. Vielleicht kommt das noch. Also, um die Frage zu beantworten: ich wasche als Erstes meine Wäsche.

Sorriaux: (lacht) Guck, da gibt es doch noch Unterschiede zwischen Jungs und Mädels.

eclipsed: Zack hat uns mal erzählt, dass er von seinem Vater, der in Classic-Rock-Bands Coversongs gespielt hat, immer mitgeschleppt wurde und so seine musikalische Grunderziehung genossen hat. Wie sah das bei euch aus?

Larsson: Meine allererste musikalische Erfahrung war, als ich in der Schule mit afrikanischen Trommeln spielen durfte. Ich bin wirklich froh, dass damals in Schweden noch so viel Wert auf diese Art musikalischer Erziehung gelegt wurde. Heute gibt es das leider nicht mehr so sehr. Ich fand das damals toll, und vielleicht liegt mir das immer noch im Blut. Das sind meine musikalischen Wurzeln: afrikanisches Trommeln, nicht Deep Purple oder andere Rockmusik oder irgendwelche tollen Soulladies. Okay, ich oute mich jetzt: Meine erste Platte war von den Spice Girls. Die war damals mein ein und alles. Soul, Blues und Rock kamen erst später.

Sorriaux: Mein Vater hat Dudelsack gespielt. In der Ecke in Frankreich, aus der ich stamme, ist das ein traditionelles Instrument. Ich habe es geliebt und tue es noch heute. Als ich anfing Gitarre zu spielen, kamen dann all die Rockgitarristen in mein Blickfeld. Wenn ich jetzt davon drei oder vier nenne, ärgere ich mich nachher, dass ich die anderen, die mich ebenso beeinflusst haben, vergessen habe aufzuzählen. Ich würde mich aber als jemanden bezeichnen, der mit offenen Ohren durch die Musiklandschaft geht. Mein Geschmack lässt sich nicht in Schubladen sperren.

eclipsed: Eure Tourbetreuerin erzählte mir gerade, dass du mit ihr demnächst zu Adele gehst.

Sorriaux: Das ist das, was ich meine. Mir ist es egal, ob Kritiker das als Pop, Rock oder sonst was bezeichnen. Es berührt mich oder eben nicht. Auf Adele freue ich mich schon.

Larsson: Leider hat sie nur noch eine Karte übrig, sonst wäre ich gerne mitgekommen.

In eigener Sache:
In der aktuellen Ausgabe eclipsed 7/8-2016 haben wir an drei Stellen ein fehlerhaftes Cover des am 5. August erscheinenden neuen Albums abgedruckt. Das tatsächliche Cover seht ihr hier:
 

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 182 (Juli/August 2016).