RIVERSIDE - Zurück aus der Midlife-Crisis

23. September 2015

Riverside

Loreley, „Night Of The Prog“ 2015. Als erstes Magazin weltweit bekommen wir von Riverside-Sänger/Bassist Mariusz Duda höchstpersönlich im Auto des Bandmanagers das neue Album „Love, Fear And The Time Machine“ vorgespielt. Duda, der am 25. September, seinen 40. Geburtstag feiert, wirkt dabei zunächst erstaunlich nervös und fahrig, als er über die Entstehungsgeschichte des sechsten Studiowerks berichtet. Vor allem eine Aussage lässt aufhorchen: „Ich weiß nicht, ob dies der Anfang vom Ende oder das Ende des Anfangs ist“. Nicht nur deshalb sind wir uns bereits nach dem ersten Durchlauf einig: „Love, Fear And The Time Machine“ stellt eine Zäsur in der Vita der Band dar. Es ist ein von der Persönlichkeit Dudas extrem stark geprägtes Album.

eclipsed: Mariusz, deine Texte sind stets auch autobiografisch zu verstehen. Am Ende eures Debüts „Out Of Myself“ stand beispielsweise die Einsicht: „Thereʼs sadness in my mind – ok“. Du hast dich damals im Interview mit uns als „traurigen Typen, der hin und wieder auch mal lacht“ beschrieben. Auf „Love, Fear And The Time Machine“ transportierst du nun deine wohl positivsten Gedanken überhaupt. Wandlung und Erneuerung sind derzeit wohl zentrale Themen für dich?

Mariusz Duda: Ich wollte ergründen, unter welchen Voraussetzungen Menschen wichtige Entscheidungen treffen. Tiefgreifende Veränderungen wie der Umzug in ein anderes Land, ein Jobwechsel oder eine andere 180-Grad-Wendung. Was fühlt man in einer solchen Situation, an einem Scheidepunkt? Welche instinktiven und unbewussten Kräfte sind da am Werk? Ich denke, dreierlei Dinge spielen dabei eine Rolle. Zunächst einmal spürt man eine gewisse Aufregung, vielleicht sogar ein Gefühl von Freiheit, wenn man etwa seinem Boss sagt: „Auf Wiedersehen, ich fange jetzt ein neues Leben an“. Ich nenne dieses Gefühl auf dem Album „Love“. Hinzu kommt die Angst vor dem Ungewissen: „Fear“. Und dann sind da noch die Erfahrungen aus der Vergangenheit und die Vorstellung von der Zukunft, die in den Entscheidungsprozess mit hineinspielen. Also eine Art Zeitmaschine: die „Time Machine“.

eclipsed: Wie hast du selbst dich als Mensch in den letzten Jahren verändert?

Duda: Du meinst, ob ich mit 40 meine Midlife-Crisis noch vor oder schon hinter mir habe? (lacht) Keine Ahnung, ich habe mir zumindest keinen Lamborghini gekauft oder eine Affäre mit einer 25-Jährigen angefangen. Eigentlich lässt es sich recht kurz ausdrücken: Ich habe in der Vergangenheit sehr viele traurige Sachen aufgenommen und war es jetzt einfach leid. Vielleicht liegt meine Midlife-Crisis also wirklich schon hinter mir. Diesmal sollte am Ende des Albums ein Hoffnungsschimmer stehen und nicht der Wunsch, sich die Pulsadern aufzuschneiden.

eclipsed: Ab wann hast du diese Veränderung in dir erstmals wahrgenommen?

Duda: Ganz bewusst nach dem letzten Lunatic-Soul-Album, auf dem es ja um Selbstmord geht. Da ist mir klar geworden, dass ich mich nicht länger ausschließlich auf diese düsteren Gedanken fokussieren möchte. Ich habe es auch als eine neue künstlerische Herausforderung gesehen. Mich in Traurigkeit auszudrücken ist mir stets sehr leicht gefallen.

eclipsed: Funktioniert deine Musik also manchmal auch als eine Art Selbsttherapie?

Duda: Ganz sicher, auch wenn bestimmt nicht alle Texte unbedingt von mir als Person handeln. Übrigens, ich glaube nicht, dass ich auf dem nächsten Album nur noch von Blumen und Sonnenschein singen werden, denn dafür spüre ich einfach immer noch genug Melancholie in mir.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 174 (Oktober 2015).