BUFFY SAINTE-MARIE - Musik als Medizin

11. Januar 2018

Buffy Sainte-Marie

Musik als Arznei, gesungene Texte als Hilfe in fast allen Lebenslagen? Buffy Sainte-Marie, Kanadierin indianischer Abstammung, ist davon überzeugt, dass man auf diese Weise komplexe Themen in aller Kürze darstellen kann: „Ein drei Minuten langer Protestsong kann effektiver sein als ein Buch mit vierhundert Seiten.“ Die Geschichte habe gezeigt, dass diese Art von Liedern Unterstützung für viele Arten friedlichen Widerstands gewesen sei, zu Einheit und Solidarität beigetragen habe. Wie „Universal Soldier“, von dem noch immer viele Menschen glauben, der schottische Troubadour Donovan, dessen Version die bekannteste ist, habe es selbst geschrieben: „Dieser Titel hat während des Vietnamkrieges tiefen Eindruck bei Tausenden von Soldaten, Studenten und Familien hinterlassen. Er hat das Leben von Menschen verändert, von denen mir noch heute, mehr als fünfzig Jahre später, viele dafür danken.“

Für den Protest begeistern

Neue, auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte bezogene Textelemente hat sie dem Stück nicht hinzugefügt. Dies tat dafür das schwedische Schwesternduo First Aid Kit 2009, „um ihm mehr Relevanz in der heutigen Welt zu verleihen“, wie Klara und Johanna Söderberg betonen. Songs wie „Universal Soldier“, insistiert dagegen Buffy Sainte-Marie, „sind zeitlos, sie stehen für sich“. So auch „Now That The Buffalo’s Gone“, das nicht auf der CD auftaucht, aber – wie sechs weitere Titel – über einen mitgelieferten Code heruntergeladen werden kann. Das Lied entstand 1964 als Reaktion auf den Bau des Kinzua-Staudamms in Pennsylvania, der dazu führte, dass die Seneca-Indianer von dem Land, das ihnen durch einen vom ersten US-Präsidenten George Washington 1794 unterzeichneten Vertrag zugesichert worden war, vertrieben wurden. Sainte-Marie: „Obwohl der Song sehr emotional ist, beruht er zu einhundert Prozent auf Tatsachen. Zuhörer, von denen die meisten sich nie großartig Gedanken über Indianer gemacht hatten, waren von der Geschichte, die ich auf diese Weise erzählte, überrascht. Ich dachte, viele Menschen würden sich vielleicht den Protesten anschließen, wenn sie von der Habgier, von der Ungerechtigkeit erfahren würden, mit denen die Eingeborenen Amerikas behandelt wurden und manchmal noch behandelt werden.“ Der Blick in die Geschichte zeige, dass Ausbeutung in Amerika nicht mit den afrikanischen Sklaven begonnen habe, sondern viel früher mit der Unterdrückung der Eingeborenen: „Als die Spanier kamen, machten sie alle Menschen zu Sklaven und stahlen ihr Land. Sie wurden dazu sogar durch ein Schreiben des Papstes, die ,Doctrine Of Discovery‘ [aus dem Jahr 1494; Anm.], aufgefordert.“

Die Kanadierin sieht den Sinn von Protestsongs nicht darin, einen Hit zu landen oder einen schnellen Dollar zu machen: „Es geht darum, wie nützlich solch ein Lied ist, um die Welt ein Stück besser zu machen, raue Gefühle in wohlgesetzte Worte zu verwandeln, die die Menschen erreichen. Protestsongs entstehen auch immer aus einer positiven Einstellung heraus. Wenn eines meiner Lieder einer Bewegung dient, Hilfsbedürftige zu unterstützen, bin ich glücklich.“

Lest mehr im eclipsed Nr. 197 (02-2018).