IRON MAIDEN - Volle Schubkraft

23. September 2015

Iron Maiden

Master Bruce empfängt eclipsed, wie es sich für einen Rockmillionär gehört: in einer geräumigen Hotelsuite am Potsdamer Platz. Dabei ist der 56-Jährige alles andere als ein typischer Vertreter des Hard’n’Heavy-Genres: Er trägt die Haare kurz, zu Poloshirt und Jeans, ist durchtrainiert, humorvoll, hat mehrere Universitätsdiplome, redet wie ein Wasserfall und beschränkt sich nicht darauf, sein aktuelles musikalisches Produkt zu bewerben.

Dabei erweist sich dies als echter Meilenstein in der Maiden-Saga: Mit 92 Minuten Gesamtspielzeit ist „The Book Of Souls“ das längste Werk, das die Jungfrauen je aufgenommen haben, es weist mit „Empire Of The Clouds“ den epischsten Maiden-Song aller Zeiten auf und überrascht zudem mit Klavier, Streichern und Bläsern. Alles Dinge, die nach gesteigertem, spätem Ehrgeiz klingen. Doch weit gefehlt…

eclipsed: Bruce, ein Doppelalbum zum 40. Bandjubiläum. Der Beweis, dass Maiden noch keine müden, alten Säcke sind?

Bruce Dickinson: (lacht) Ich jedenfalls bin es nicht! Aber ein Maiden-Album aufzunehmen hat auch nichts mit Arbeit zu tun. Es ist eher bezahlter Urlaub mit Freunden und ein Jungsding – mit ziemlich reifen Jungs. Für einige Leute ist Arbeit eine Sache, die sie zwar nicht mögen, die ihnen aber die Möglichkeit bietet, alles zu finanzieren, was ihnen Spaß macht. Während ich immer gedacht habe: Ich sollte alles so tun, dass ich es genieße und mir nichts unangenehm ist. Das nenne ich dann Arbeit…

eclipsed: Interessierst du dich für die Geschichte der Maya, oder warum „Das Buch der Seelen“, das ja aus dieser Mythologie stammt?

Dickinson: Das liegt an Steve Harris, unserem Bassisten. Er ist geradezu besessen von der Geschichte der Maya und befasst sich schon ewig damit. Insofern kam der Vorschlag auch nicht überraschend. So nach der Art: „Nennen wir es ‚Book Of Souls‘?“ – „Warum nicht? Klingt doch wie ein ziemlich guter Maiden-Titel.“

eclipsed: Wobei du das Konzept schon im ersten Stück infrage stellst, wo es heißt: Was, wenn es keine Unsterblichkeit gibt – what if eternity should fail? Ist das nicht ein bisschen seltsam?

Dickinson: (lacht) Bislang ist das noch keinem aufgefallen! Tatsächlich basiert der Song auf dem Marvel-Comic „Dr. Strange gegen Mephisto“. Ich hatte mir auf der letzten Tour ein paar Marvel-Reihen zugelegt und sie systematisch durchgearbeitet. Ich suchte nach einem coolen Thema für ein Soloalbum. Bei „Dr. Strange“ fand ich dann „If Eternity Should Fail“, das brillant war und das ich unbedingt verwenden wollte. Das Titelstück hatte ich auch schon aufgenommen. Doch als das Projekt nicht zustande kam, überließ ich den Song Maiden. Wobei ich mir ein bisschen Sorgen um den Spoken-Word-Teil am Ende machte, der ja eine ganz andere Geschichte erzählt als der Rest des Albums. Da geht es um eine Maschine, die den Menschen die Seele raubt. Und das ist Dr. Necropolis, also kein Maya. Ich fragte Steve, ob die Leute das wohl merken würden. Doch er winkte ab: „Keine Sorge, das klingt doch toll. Hauptsache, es handelt von Seelen…“ (lacht)

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 174 (Oktober 2015).