SWANS - Der Marathon-Mann

29. Mai 2014

Swans Michael Gira

Swans waren immer düster und schwer, setzten sich über alle Trends von Mainstream oder Alternative hinweg. Ihr letztes Album „The Seer“ mochte in seiner Wucht schwer verdaulich gewesen sein, die neue Einspielung „To Be Kind“ schließt wieder an die etwas transparentere Klangästhetik von Alben der frühen Neunziger wie „Love Of Life“ an. Michael Gira, der die Schwäne von Anbeginn an führt, ist kein Mann der Freundlichkeiten, obwohl privat derzeit alles optimal läuft und der Sechzigjährige in diesem Jahr heiratet. Dafür kann man sich bei ihm stets auf Tiefgründigkeit und Nachhaltigkeit verlassen. Seine Statements sind von zeitübergreifender Brisanz. Deshalb kann man sich auch mit dem Hören Zeit lassen.

eclipsed: „To Be Kind“ hat wie all deine Alben eine beinahe religiöse Qualität.

Michael Gira: Einige meiner Lieder könnten Gospels sein. Unsere Musik hat sehr viel mit echten religiösen oder spirituellen Erfahrungen gemein. Das wiederum kommt von unserem Anspruch, etwas zu tun, das überwältigend ist und seine eigene Lebensenergie entfaltet. Aber damit stehen wir nicht allein. Das war schon bei den Stooges so. Sobald man aber zu viel darüber nachdenkt, wird es langweilig. Es ist elektrische Rockmusik, mit dem Potenzial, dich auf eine höhere Ebene zu führen.

eclipsed: Würdest du sagen, du machst zornige Musik?

Gira: So fühlt es sich für mich überhaupt nicht an. Manchmal fördert es vielleicht Dinge zutage, die sich etwas unangenehm anfühlen, für mich selbst aber ist es eher ein Quell der Freude. Ich hoffe, dem Publikum geht es ebenso. Wenn ich meine Platten nach dem Mix zum ersten Mal auf großen Lautsprechern im Studio höre, fühlt es sich für mich an wie Mozarts Requiem. Es ist einfach überwältigend.

eclipsed: Manche Leute erkennen in deiner Musik auch eine therapeutische Qualität.

Gira: Diese Bezeichnung mag ich überhaupt nicht. Das hieße ja, dass mit mir etwas nicht stimmt [Giras letztes Soloalbum hieß „I Am Not Insane“; Anm.] und es eine gute Idee ist, das auszukurieren. Nein, es ist eher wie der Schrei, den man bei einem guten Orgasmus ausstößt.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 161 (Juni 2014).