eclipsed Nr. 187 / 2-2017

2016 – EIN JAHR DER ABSCHIEDE

Bowie, Emerson, Lake, Prince, Cohen – 2016 wird in Erinnerung bleiben als das Jahr, in dem die Popkultur einige ihrer ganz Großen verlor. Ein nachdenklicher Blick zurück
Zimperlich war er nicht, der Boanlkramer, wie man den Sensenmann in Bayern nennt. Im abgelaufenen Jahr hat er tiefe Schneisen in den Heldenpantheon der Generation Rock geschlagen. Und die Reaktionen waren entsprechend. Zum Beispiel am Morgen des 11. Januar 2016: „Unfassbar!“ – „Traurig!“ – „Ein Schock!“ – „Ich glaube es einfach nicht – das gibt’s doch nicht!“ In den einschlägigen Foren und Chatkanälen des Netzes wurden blankes Entsetzen und tiefe Trauer artikuliert. In der Nacht zuvor war in New York City der 69-jährige David Robert Jones, besser bekannt unter seinem Künstlernamen David Bowie, an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.

DAVID BOWIE - Dead and alive

Am 8. Januar 2016 erschien „★“. Das gewagte finsterfarbene Jazz/Rock/Elektronik-Konstrukt wurde weltweit gefeiert. Zwei Tage später starb sein Schöpfer, das Feuer des unnachahmlich funkelnden Solitärs war erloschen. Die Musik des David Bowie aber lebt weiter. Jetzt, am 8. Januar, wäre der Mann mit den vielen Gesichtern siebzig geworden. Dieser Jahrestag ist uns ein lichtes, positives Signal. Anhand von fünf seiner Studioalben, die 2017 ebenfalls Jubiläum feiern, erinnern wir an die sagenhafte Wandlungsfähigkeit und kreative Neugier des Engländers.

PAIN OF SALVATION - Im Angesicht des Todes

Die Wahrscheinlichkeit, dass er die Erkrankung überleben würde, lag bei weniger als fünfzig Prozent. Doch Daniel Gildenlöw kämpfte sich ins Leben zurück und sicherte damit auch den Fortbestand seiner von ihm 1984 gegründeten Band, die seit 1991 als Pain Of Salvation bekannt ist. Jetzt legt diese ihr zweites Album nach dem gravierenden Einschnitt vor. Während Gildenlöw sich wieder auf die Basics im Leben besinnt, haben Pain Of Salvation ihre fundamentalen Stärken wiederentdeckt.

JEFFERSON AIRPLANE - Lift-off in Hashbury

Heute sind sie fast vergessen – dabei waren Jefferson Airplane die erste der großen Acidrockbands aus San Francisco, die einen Plattenvertrag erhielt. Mit Hits wie „Somebody To Love“ und „White Rabbit“ schrieben Paul Kantner, Grace Slick, Marty Balin und Co. nicht nur Rockgeschichte, sie wurden darüber hinaus zum musikalischen Aushängeschild der Hippiebewegung. Vor fünfzig Jahren erschien Jefferson Airplanes Gegenkulturfanal „Surrealistic Pillow“.

LET GIRLS ROCK! - Rockgitarristinnen im Wandel der Zeit

Frauen fahren Autorennen, Frauen fliegen ins All, Frauen spielen Fußball. Holzfällen tun sie allerdings bis heute eher seltener. Dabei gibt es etliche gestandene „Weibsbilder“, die die Axt schwingen – gerne vor einer 30.000-Watt-Verstärkerwand. Seit den Sechzigerjahren brachen Frauen in die Phalanx der testosterongeschwängerten E-Gitarristen ein, und zwar auf ganzer Front. Stilistisch wie virtuos. Wir stellen im Folgenden die Entwicklung der Rolle der weiblichen Saitenvirtuosen in der Rockmusik dar und porträtieren zwanzig ihrer schillerndsten Vertreterinnen.

BLACKFIELD - Ziemlich beste Freunde

Sie sind ein seltsames Paar: Der extrovertierte, glamouröse, vielleicht auch ein bisschen selbstverliebte Israeli und das arbeitswütige, introvertierte Multitalent aus Großbritannien. Doch obwohl – oder gerade weil – Aviv Geffen und Steven Wilson wenig gemeinsam haben, bilden sie ein spannendes Duo, das mit „V“ schon jetzt eines der besten Alben 2017 vorlegt.

CRIPPLED BLACK PHOENIX haben sich aus ihrer existenziellen Krise befreit

Crippled Black Phoenix beschäftigen sich mit der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation. Und auch um interne Themen kreisen ihre Gedanken. Hinter der Band aus Bristol liegen Rechtstreitigkeiten mit ihren ehemaligen Mitgliedern Karl Demata und Christian Heilmann. Sie hat die Zerreißprobe überstanden. Crippled-Kopf Justin Greaves hat indes eine persönliche Misere durchschritten: Er hat seine Depressionen bekämpft und in die Schranken gewiesen. Gestärkt sei er daraus hervorgegangen, so der 45-Jährige. Auf jeden Fall wendet er sich mit der neuen Platte „Bronze“ gegen negative Elemente wie Populisten und andere Spalter.

Sie überlebte die Sixties, die Stones und das Heroin: Jetzt ist MARIANNE FAITHFULL siebzig Jahre alt geworden

Am 29. Dezember ist Marianne Faithfull siebzig Jahre alt geworden. Für den ehemaligen Junkie, der mit Alben wie „Broken English“, „Strange Weather“ oder „Before The Poison“, zur eleganten Düsterikone wurde, kein Anlass zum Feiern. Die „Mutter aller Rock-Chicks“ hat in den Sechzigerjahren als erste Frau neben Nico genauso wild gefeiert wie die Rockstars, mit denen sie liiert war. Wir haben sie in ihrer Wahlheimat Paris auf einen Kaffee im Hotel Costes an der Rue Saint Honoré aufgesucht.