HANS ZIMMER „ Ich hatte eine ziemlich große Klappe! "

6. März 2023

Hans Zimmer

HANS ZIMMER „ Ich hatte eine ziemlich große Klappe! "

Nur wenigen Filmmusik-Komponisten ist es vergönnt, ihre Werke auch live aufführen zu dürfen. Für Hans Zimmer scheiterte dieses Unterfangen meist schon im Vorfeld, u. a. auch am übermäßigen Lampenfieber. Nach einem Festivalauftritt im Jahr 2000 in Belgien und zwei ausverkauften Debüt-Konzerten im Herbst 2014 in London reist Zimmer inzwischen mit Studioband, Orchester und Chor in schöner Regelmäßigkeit um die Welt. Ab April lässt der gebürtige Frankfurter erneut auch deutsche Hallen erzittern und hat im Vorfeld Einiges zu erzählen.

„Ich habe eigentlich nie in Erwägung gezogen, live aufzutreten“, blickt Zimmer, der von sich selbst behauptet, „nicht gerade würdevoll“ mit Kritik umgehen zu können, auf den eigentlichen Auslöser zurück. „Irgendwann Anfang 2014 saß ich dann mit Johnny Marr und Pharrell Williams im Studio am Soundtrack zu ,The Amazing Spider Man – Part 2‘, und die beiden meinten: ,Versteck’ dich nicht länger hinter deinen Monitoren, geh raus und schau deinem Publikum in die Augen. Hey, wir haben alle Lampenfieber, das gehört dazu, du musst das überwinden!‘ Ich bin kurz vorher wirklich ein totales Nervenbündel, und man sollte dann besser nicht in meine Nähe kommen. Ich könnte sehr bissig werden. Ehrlich gesagt, manchmal muss ich auch kotzen.“

Die Stilpalette von Zimmer-Liveshows reicht von intimen Piano-Momenten über überbordenden Orchester-Bombast bis hin zu fast Industrial-artigem Stroboskop-Metal. Im Herzen ist der 65-jährige Synthie-Pionier stets ein innovativer Rock ’n’ Roller, ein Suchender geblieben, dessen Konzerte daher auch keine überernsten Klassik-Aufführungen mit dem Komponisten auf dem Dirigenten-Pult sind. „Am Anfang haben alle gedacht: ,Hey, die machen Filmmusik, die kommen bestimmt mit einem kleinen Streichquartett, und alles wird nett und freundlich. Pustekuchen: Wir haben 24 Subwoofer unter der Bühne! Wir machen es halt ein bisschen anders...“ (lacht) 

Tour im Zeichen des Krieges

Die Tour im letzten Jahr, von der Anfang März ein Live-Mitschnitt veröffentlicht wird, stand auch im Schatten des russischen Überfalls auf die Ukraine. „Unser Orchester, das wir drei Jahre zuvor gebucht hatten, stammt aus Odessa. Wir haben es gerade noch geschafft, zehn Musiker aus der Ukraine herauszuholen. Dadurch ist noch einmal eine ganz andere emotionale Bindung entstanden, denn wir haben ihre Furcht und Ängste hautnah miterlebt. Ich war wirklich sprachlos, wie sie diese Shows durchgestanden haben, in ständiger Sorge, wie es ihren Familien geht, oder ob ihr Haus noch steht.“ 

Neben Chor und Orchester stehen Zimmer ab April erneut auch fantastische Einzelmusiker wie Johnny Marr (Gründungsmitglied von The Smiths, sein Sohn Nile ist inzwischen auch Teil des Kollektivs), Lisa Gerrard (Dead Can Dance), Lebo M. oder die Cellistin Tina Guo zur Seite. Zimmer liebt seine Musiker und wird auch nie müde, dies zu betonen. „Bei unseren Shows gibt es keine Filmszenen auf den Leinwänden zu sehen, denn ich möchte, dass all die großartigen Künstler, die ich auf der Bühne habe, komplett im Rampenlicht stehen. Freundschaft ist das Hauptargument, nach denen ich die Musiker auswähle.“ 

Lest mehr im aktuellen Heft ...