MARIANNE FAITHFULL hat als Musikerin alles er- und überlebt

26. November 2018

Marianne Faithfull

MARIANNE FAITHFULL hat als Musikerin alles er- und überlebt

Wehe dem, der es wagt, Marianne Faithfull bei ihrem Nachmittagsschläfchen zu stören. Da helfen selbst teure Blumen als Mitbringsel nichts. Madame öffnet die Tür zu ihrem Pariser Apartment in Morgenmantel, Pyjama und Hausschuhen, ist angeschlagen von einer fibrösen Erkältung und blafft ihren Besuch erst einmal an: „Okay, das muss jetzt schnell gehen. Ich bin krank und will wieder ins Bett.“ Sie ist tatsächlich nicht gut beieinander: wirres Haar, gerötete Haut, Schweiß auf der Stirn. Sie kann nur mühsam gehen und hustet ständig. Zudem fühlt sich die Faithfull in ihrer Privatsphäre gestört. Das Chaos in ihrer mondänen Wohnung im 6. Arrondissement ist ihr sichtlich peinlich. Überall Wäsche, Essensreste, welke Blumen. Es müffelt nach Medizin. Warum sie den Termin nicht abgesagt hat? „Weil ich die PR brauche. Ich erreiche mein Publikum durch Typen wie Sie. Also bringen wir es hinter uns.“

Wobei „es“ das Interview zu ihrem neuen Album ist, das die Engländerin Anfang November veröffentlicht hat: „Negative Capability“ ist ein reifes, ein stilvolles, ein würdiges Spätwerk, mit dem sie nicht nur ihre alten Fans begeistern dürfte, sondern auch ein neues, junges Publikum. Das Sexsymbol der 60er unterstreicht mit ihrer 21. Platte, dass Erfahrung, Lebensweisheit und kompensierter Schmerz ein unschlagbares Fundament für authentische Songs sind, für Musik mit Intensität, Tiefe und Gänsehautgarantie. „Ich weiß heute, was ich tue. Ich bin nicht mehr das unsichere Anhängsel irgendeines Rockstars und muss niemandem etwas beweisen. Ich bin endlich ich selbst.“

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