MICHAEL KIWANUKA - „Dieses Album stellt die Frage, wer ich bin“

12. November 2019

Michael Kiwanuka

MICHAEL KIWANUKA - „Dieses Album stellt die Frage, wer ich bin“

Der englische Sänger und Gitarrist mit ugandischen Wurzeln hat sich Zeit gelassen. Doch jetzt hat Michael Kiwanuka sein drittes Studiowerk fertig. Am 25. Oktober erscheint das schlicht „Kiwanuka“ betitelte Album. Mit eclipsed sprach der 32-jährige Künstler über Kreativität in schweren Zeiten und die Suche nach sich selbst.

„Kiwanuka“ ist ein Album im Stil der 1970er-Jahre, dem Jahrzehnt, dem sich Michael Kiwanuka als Musiker besonders verbunden fühlt. Es liefert Songs, die einer Grundidee untergeordnet sind. Kiwanukas „epischer“, zeitloser Sound fängt die Vergangenheit ein und weist zugleich in die Zukunft. Man merkt dem Album an, dass Michael Kiwanuka ein Künstler ist, der sich Gedanken macht über die Zusammenhänge von Musik und Gesellschaft.

eclipsed: Dein Album beschreibt einen Ort des Friedens und der Schönheit. Wie ist dieser Ort entstanden?

Michael Kiwanuka: Ich habe meinen Träumen freien Lauf gelassen, um einen Ort zu erschaffen, an den man entweichen kann. Das war Musik stets für mich. Du legst ein Album auf, setzt den Kopfhörer auf, und die Musik entführt dich für 45 Minuten in eine andere Welt, aus der du vielleicht nie wieder herauskommst. Wenn du zur Schule oder zur Arbeit gehst, kannst du diese Welt mitnehmen. Genau eine solche Platte, die von Anfang bis Ende Bilder und Gefühle evoziert, ohne dass man zwischendurch herausgerissen wird, wollte ich machen. Die Realität ist oft mühsam, aber Musik kann einem allgemein helfen, den Tag zu überstehen. Das geht aber nur, wenn man das Träumen nicht verlernt. Ich will auch beim Musikmachen aus der Realität gezogen werden. Ich folge den Sounds, die ich fühle und träume. Das ist ein Privileg.

eclipsed: Wie näherst du dich deinen Träumen?

Kiwanuka: Ich bin kein Individualist, sondern setze auf Kooperation. Wenn Menschen zusammenkommen, entsteht immer etwas Großartiges. Aber ich finde es auch wichtig, unsere Unterschiede herauszustellen. Wenn mein Ellenbogen versuchte, meinen Kopf zu ersetzen, würde mein Körper nicht mehr funktionieren. So ist es auch in der Musik. Mit anderen Menschen, die an deiner Vision teilhaben, kannst du herausfinden, was funktioniert und was nicht. Eine Idee befruchtet die andere, und so entsteht daraus ein Ganzes. Kunst ist so bedeutend, weil sie die menschliche Kreativität reflektiert. Und dafür müssen wir zusammenkommen. Mit einem guten Team schaffst du alles. Ich mag Vergleiche aus der Welt des Fußballs: Ein Spieler ist ein Rechtsfüßer, ein anderer ein Linksfüßer, einem liegt mehr das Stürmen, dem anderen mehr das Verteidigen. Aber wenn jeder sich selbst akzeptiert und das tut, was er kann, ist das Team unschlagbar.

eclipsed: Bringen schwere Zeiten gute Musik hervor?

Kiwanuka: Definitiv. Jay-Z sagte mal, es sei schwierig, gute Musik zu machen, wenn man erfolgreich ist. Der Kampf gibt dir die Kraft, gute Texte zu schreiben, früh um vier ins Studio zu fahren und deine eigenen Lautsprecher mitzubringen. Wenn du Probleme hast, tust du viele Dinge, die du nicht tun würdest, wenn es dir gutgeht. Sie führen zu einer gewissen Dringlichkeit. Und wenn es der Gesellschaft nicht gutgeht, haben eben viele das Bedürfnis, dagegen anzugehen. Das ist schon bemerkenswert. Wir alle wollen ja ein schönes Leben haben.

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