„Carpe Diem“, „Nutze den Tag“: Angesichts des Titels ihres neuen Werks scheinen Saxon auf ihre alten Tage philosophisch zu werden. Auch sonst ist ihr 23. Studioalbum mit eigenem Material ein ganz besonderes: Statt der Maxime „Höher, schneller, weiter“ zu folgen, wirkt es wie einer der Klassiker der frühen 1980er-Jahre. Saxon-Frontmann und -Sprachrohr Peter „Biff“ Byford benötigte zwar etwas Überzeugungsarbeit, um es selbst so einzuordnen, aber letztlich gefällt ihm die Idee, ein Album produziert zu haben, das es mit „Wheels Of Steel“ und „Strong Arm Of The Law“ aufnehmen kann.
In Anbetracht der Pandemie nahm sich Biff Byford jenes Motto, das als Titel des neuen Saxon-Albums fungiert, offenbar besonders zu Herzen: Innerhalb eines Jahres erschienen mit seinem Soloalbum „School Of Hard Knocks“ (2020), dem gemeinsam mit seinem Sohn Seb unter dem Bandnamen Heavy Water eingespielten „Red Brick City“ (2021) und dem Saxon-Coveralbum „Inspirations“ (2021) gleich drei starke musikalische Statements. Bereits vor diesen sollte ursprünglich „Carpe Diem“ herauskommen, das nun erst im Februar erscheint.
eclipsed: Da habt ihr euch diesmal ein ganz besonderes Album herausgeschraubt, oder?
Biff Byford: Findest du? Ich dachte, es wäre einfach nur ein weiteres Saxon-Album.
eclipsed: Das ist es natürlich auch, aber es klingt mit Abstrichen so, als hättet ihr es 1982 direkt nach euren drei Granaten „Wheels Of Steel“ (1980), „Strong Arm Of The Law“ (1980) und „Denim And Leather“ (1981) eingespielt. Haben das Cover- und das Heavy-Water-Album darauf abgefärbt?
Byford: Nee, tatsächlich war „Carpe Diem“ vor diesen Alben fertig, bereits vor der Pandemie. Das Coveralbum war einfach ein großer Spaß, und das Heavy-Water-Projekt mit meinem Sohn sollte musikalisch in eine andere Richtung gehen: hard und heavy, aber moderner ausgerichtet als Saxon. Hört sich „Carpe Diem“ denn wirklich nach 1982 an?
eclipsed: Das Album klingt heavy, variabel und groovy.
Byford: (lacht) Ich dachte, unsere letzten Alben wären eher proggy gewesen. Ist dir das denn gar nicht aufgefallen?
eclipsed: Vielleicht hast du zu der Zeit viel Prog gehört, aber richtig viel ist davon nicht auf den Alben gelandet.
Byford: Ich höre immer viel Prog-Zeug, das ist meine Lieblingsmusik, aber „Carpe Diem“ ist für mich ein typisches Hardrockalbum.
