LED ZEPPELIN - Das letzte Remaster?

21. September 2016

Led Zeppelin

Neue Kompositionen und ehrgeizige Bandprojekte, wie er sie in den letzten Jahren gegenüber eclipsed angekündigt hat, haben sich bislang als Luftschlösser erwiesen. Doch 2016 ist für Jimmy Page auch so ein ereignisreiches Jahr. Und bislang lief alles zu seiner Zufriedenheit: Seine 26-jährige Freundin sorgt für Schlagzeilen in der britischen Klatschpresse und poliert sein Rockstar-Image auf, sein Rechtsstreit mit Nachbar Robbie Williams, dessen Umbauarbeiten Pages viktorianische Villa in Kensington in Mitleidenschaft zu ziehen drohten, wurden per Gericht gestoppt, und der spektakuläre „Taurus vs. Stairway To Heaven“-Prozess, der Mitte Juni in Los Angeles stattfand und Led Zeppelin des Plagiats überführen sollte, ist kläglich gescheitert. Zum einen, weil keine ausreichende Übereinstimmung mit dem Spirit-Song festgestellt wurde, aber auch, weil sich Staranwalt Francis Malofiy auf eine Argumentation stützte, die so absurd war, dass Page im Zeugenstand Luftgitarre spielte, die Drumparts von John Bonham mittrommelte und eine entwaffnende Verbalsalve nach der anderen abfeuerte.

Wobei der Prozess umso seltsamer anmutet, wenn man bedenkt, wie oft Led Zep in der modernen Rockmusik kopiert wurden, ohne entsprechende Tantiemen zu erhalten. Und wie offen sie selbst in den zwölf Jahren ihres Bestehens mit Fremdeinflüssen umgegangen sind. „Wir haben nie jemanden abgezockt. Schließlich wussten wir, was es heißt, ein hungernder Musiker zu sein. Das kannten wir aus unseren Anfangstagen. Und deshalb haben wir jeden mit Anstand und Respekt behandelt, wie es sich unter Kollegen gehört“, so John Paul Jones.

Offengelegte Blueswurzeln

Das unterstreichen die „BBC Sessions“, die ursprünglich in November 1997 erschienen. Das erste Live-Epos seit „The Song Remains The Same“ von 1976 machte damals kein Geheimnis aus den Blueswurzeln der Band, sondern pflegte diese intensiv. Sei es mit Stücken wie „You Shook Me“ (Willie Dixon) oder „Somethin’ Else“ (Bobby Cochran), aber auch mit Credits für Dixon in „Whole Lotta Love“, Sleepy John Estes in „The Girl I Love She Got Long Black Wavy Hair“ und John Lee Hooker, Bukka White, Arthur Crudup, Doc Pomus sowie Mort Shuman im „Whole Lotta Love“-Medley.

Stücke, die zwischen März 1969 und April 1971 bei sechs Sessions für die BBC eingespielt wurden. Mal in Konzertsälen wie dem Playhouse Theatre oder in reinen Tonstudios wie Maida Vale oder Aeolin Hall. Mal mit, mal ohne Publikum, und – das ist das Bemerkenswerte – mit Songs, die zum Zeitpunkt ihrer Darbietung noch gar nicht auf dem Markt waren. Aus heutiger Sicht undenkbar, weil sich solches Material in Sekundenschnelle in den sozialen Netzwerken verbreiten und die Umsätze mindern würde. Aus damaliger Sicht gab es solche Bedenken allerdings nicht. Auch wenn die Sessions mehrfach gebootlegt wurden. „Die meisten Raubmitschnitte hatten eine derart schlechte Qualität, dass sie keine Bedrohung darstellten“, erinnert sich Page. „Sie wurden lediglich von Hardcore-Fans gekauft, die sowieso alles hatten. Und die Einzigen, die diese BBC-Sessions vernünftig aus dem Radio mitschneiden konnten, waren ohnehin Leute, die über professionelle Tonbandmaschinen verfügten. Das waren nicht wirklich viele. Einige Session wurden zudem nur über Langwelle, über AM-Radio, ausgestrahlt. So klangen sie auch.“

Trotzdem, so Page, waren sie für die Band ein wichtiges Promo-Mittel, zeigten sie doch der Öffentlichkeit, wie Led Zep live klangen und welche Songs sie als nächstes herausbringen würden. Was die Häufigkeit – sechs Sessions binnen von drei Jahren – erklärt. Für Led Zep dienten sie dazu, sich einen Ruf zu erspielen. Und das gelang allein deshalb, weil sich das Quartett in Topform präsentierte: als junge, frische Band, die alles gab. „Wir wollten der Welt zeigen, wer wir sind. Wir standen wirklich unter Feuer“, ergänzt Jones.

Lest mehr im eclipsed Nr. 184 (Oktober 2016).