„ROCK’N’ROLL-KRIEG“ VIETNAM - This is the End

23. September 2015

Vietnam Vietnamkrieg Woodstock

Vor 40 Jahren endete der Vietnamkrieg, auch als der Rock’n’Roll-Krieg“ bezeichnet. Er beeinflusste unzählige Bands, und deren Musik beeinflusste die Krieger. Die Proteste gegen den Krieg führten in die goldene Ära der Rockmusik und zu Woodstock. Während das im Westen bis heute nachwirkt, sieht das im ehemaligen Kriegsland Vietnam ganz anders aus. eclipsed berichtet aus Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi.

Der abendliche Straßensound von Ho-Chi-Minh-Stadt, dem früheren Saigon, ist noch voller Mopedgeknatter, als sich exotische Musikklänge dazwischen schieben. Sie kommen aus einem Stadtpark. Man hört klar einen Hauch asiatischen Pathos heraus. Eine Sängerin, zierlich, standhaft und umrauscht von rote Fahnen, singt patriotischen Pop. „Nhạc Đỏ“, Rote Musik, glorifiziert die Heldentaten der Männer und Frauen, die ihre Familien verließen, um sich dem Kampf gegen Franzosen und Amerikaner anzuschließen.

Der Eintritt zur Show ist frei. Trotzdem schauen nur wenige zu, die Hälfte sind Ausländer. Das Leben pulsiert ein paar Ecken weiter, in einer Art Bukowski-Gedenkmeile: Säufer, Prostituierte, Schuhputzer, Krimskramsverkäufer und Touris schieben sich durch die Hitze der anbrechenden Nacht. Aus den Bars wabern Soundfetzen: Asiapop, US-Country und angloamerikanischer Poprock.

Vietnam, Amerika, Rockmusik – das war mal ein Dreiklang mit einer sehr speziellen Aura. Faszination und Entsetzen. Rausch, Gewalt und Widerstand. Rock’n’Roll-Krieg. So taufte die „New York Times“ den Vietnamkrieg, bei dem drei Millionen Vietnamesen und 58.000 GIs ums Leben kamen. Er beeinflusste unzählige Bands und animierte sie zu Musik, die wiederum die Krieger beeinflusste.

Viele US-Soldaten waren beseelt von Gitarrenrock und Soul, vom Klang, der daheim ein Lebensgefühl war. Vorm AFN-Radio und an Plattenspielern inhalierten sie Jimi Hendrix oder die Rolling Stones. Die Songs aus der Heimat wurden zum Soundtrack eines beschissenen Daseins in einem fremden, verhassten Land. Zugleich nagten sie an ihrem Selbstverständnis, agitierten doch viele Musiker der späten 60er gegen den Krieg.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 174 (Oktober 2015).