VAN MORRISON - Überarbeitet

23. April 2015

Van Morrison

Wenn Van Morrison Musikerkollegen zu sich ins Studio bittet, ist es für diese in der Regel eine Selbstverständlichkeit diesem Ruf zu folgen. Dem großen nordirischen Bluesmann juckte jetzt mal wieder das Fell. Er hat seinen Songkatalog durchforstet und 16 seiner alten Nummern neu aufgenommen – zusammen mit namhaften Künstlern wie Mark Knopfler, Taj Mahal oder Steve Winwood. Wir trafen Van Morrison am Rande eines Auftritts in Glasgow, um mit ihm über seine jüngsten Kollaborationen zu sprechen.

Hört man sich den Schluss des letzten Songs seines neuen Albums an, ein übermütiges Zusammentreffen mit dem amerikanischen Blues- und Roots-Meister Taj Mahal, so hört man ihn, den eindeutigen Klang eines lachenden Van Morrison. Jawohl, eines lachenden. Es gibt so viele Geschichten über Van the Man, der die Welt anschnauzt, dass es wie ein Schock wirkt, dass er fähig ist, Spaß zu haben. „Darüber schreiben sie nie in den Rockmagazinen“, seufzt er. „Nichts dergleichen. Sie halten den Mythos am Leben, dass ich grantig bin und nie lache. Sie sind so faul. Sie sind diejenigen, die etwas Humor vertragen könnten.“

Aber er wirkt tatsächlich nicht gerade unbeschwert, als wir uns in Glasgow vor seinem Konzert im Rahmen des „Celtic Connections Festivals“ in der Royal Concert Hall treffen. Beim Dinner am Abend vor unserem Interview erscheint der Dichter aus dem Osten Belfasts distanziert und gedankenverloren. Begegnungen mit Journalisten versetzen ihn immer in Alarmzustand. Dennoch ist er am folgenden Tag wenn auch nicht zum Geplauder aufgelegt, so doch zu einem zivilisierten Gespräch bereit – solange es sich um Musik dreht. Fragen zu seinem Privatleben sind tabu.

Es wäre gewagt, zu behaupten, dass Van Morrison sanfter wird, aber vielleicht hat die Aussicht, in diesem Sommer 70 zu werden, doch eine Auswirkung. Er ist nicht länger der wilde Mann mit einer Vorliebe für hartes Zeug. Wasser und Säfte sind nun seine Wahl. Mit seiner zweiten Ehefrau Michelle Rocca, einer ehemaligen Miss Ireland, die er 1992 traf, hat er zwei Kinder, einen kleinen Sohn und eine Tochter.

Fühlt er sich anders als mit, sagen wir, 40? „Absolut. Ich hatte von nichts eine Ahnung, als ich vierzig war“, antwortet er. „Ich weißt immer noch nicht viel. Wenn du vierzig bist, denkst du, du weißt alles. Wenn du älter wirst begreifst du, wie wenig du wirklich weißt. Du kannst dich zwar intensiv mit einer Sache beschäftigen, aber der Punkt ist, dass sich alles immer verschiebt und verändert. Es ist wie mit der Sanduhr. Nichts im Universum ist festgelegt. Wie kann also deine Meinung oder gar die Wahrheit festgelegt sein?“

Auf seinem neuen Album ist er auf dem Retro-Trip. Auf „Duets: Reworking The Catalogue“ entdeckt er weniger beachtete Ecken seines umfangreichen Repertoires. Es gibt keinen „Moondance“, kein „Brown Eyed Girl“. Mit der Unterstützung von Bewunderern wie Steve Winwood, Gregory Porter, Joss Stone oder Mark Knopfler – auch Tochter Shana ist mit von der Partie – stattet er stattdessen noch einmal „Born To Sing“ oder „The Eternal Kansas City“ einen Besuch ab. Auf spielerische Weise überredete er sogar den gestrauchelten Pop-Veteranen PJ Proby in „Whatever Happened To PJ Proby?“ einzustimmen.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 170 (Mai 2015).