MESSENGER - Illusory Blues

Kategorie: CD-Reviews | Genre: Prog, Artrock, Psychedelic/Space Rock | Heft: Jahrgang 2014, eclipsed Nr. 159 / 4-2014 | VÖ-Jahr: 2014 | Wertung: 8.5/10, Album des Monats | Label: Svart | Autor: AS


Ob sich die Londoner Band mit diesem Namen einen Gefallen getan hat? Googelt man „Messenger Band“, erhält man seitenweise Treffer zu der saarländischen Metalcombo Messenger. Von der sind die hier debütierenden gleichnamigen Kollegen aber Lichtjahre entfernt. Sicher waren sie in Sphären unterwegs, in denen es sich verbietet, sich mit solch niederen PR-Fragen zu beschäftigen. Das zumindest legt ihre erlesene, bilderreiche, versonnene Musik nahe. Doch vielleicht können sie sich ja schon bald zwischen die Suchmaschineneinträge der deutschen Namensvetter schieben. Verdient hätten sie es jedenfalls. Messenger wurden 2012 von den Gitarristen und Sängern Khaled Lowe und Barnaby Maddick gegründet. Dass die beiden vorher Hardcore, Punk, Black Metal und Ambient gemacht haben, hört man der Musik, die sie als Messenger produzieren, nicht an. Ihre Platte „Illusory Blues“ bietet eine homogene Mischung aus Artrock, Retroprog, Folk und Psychedelic. Dabei gelingt es dem Quintett, das Dan Knight (g/keys), James Leach (b) und Jaime Gomez Arellano (dr) vervollständigen, eine ebenso kühn wie elegant geschwungene transatlantische Brücke über den brodelnden Ozean des Mainstream zu schlagen. Messengers Harmoniegesang etwa, eine tragende Säule der sieben Stücke, kann im Handumdrehen mit einer kleinen tonalen Wendung vom California- in den Canterbury-Style umschwenken („Piscean Tide“). Die in die Stücke eingewobenen Folkelemente changieren entsprechend. Nur die progressiven Partikel bleiben typisch britisch: Da vernimmt man Querflöten und klassisch gezupfte Akustikgitarren. Man fühlt sich an Anthony Phillips’ frühe Soloalben erinnert („The Return“), auch wenn im selben Song noch Flamenco ertönt. Da wird es in „Midnight“ surreal und skurril wie in den abgefahrensten Steven-Wilson-Songs; und die Gitarrenarbeit in „Dear Departure“ lässt im langsamen, bedrohlichen Aufbau an King Crimson denken. Apropos Gitarren: Das Album kommt ganz ohne verzerrte Töne aus. Dafür gibt es herrliche Keyboard- und Streicherarrangements. Und der oft sanftmütige Sologesang könnte im reinen Popgewand glatt James Blunt Konkurrenz machen. Im Kontext dieser versonnenen, teils cineastischen Musik wird er dagegen beinahe zum Verkünder. Genau dieser entlässt den Hörer am Ende im passend betitelten, mit Flöten, himmlischen Chören, sitarund obertongesangsartigen Klängen fast schon esoterischen „Let The Light In“ huldvoll in die dünne, aber absolut reine Luft der Himalaya-Hochebenen, auf das Dach der Welt, wo die Götter wohnen. Einer göttlichen Fügung gleich kommen bei Messenger das organisch Gewachsene von Gazpacho mit der narrativen Extraklasse von Änglagård und dem Mystisch-Versponnenen von Steven Wilson zusammen. Was für ein Debüt!

Top-Track: Midnight

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