Circe Link und ihr Ehemann Christian Nesmith (ältester Sohn von Ex-Monkee Michael Nesmith) sind in Europa noch ein Geheimtipp, da ihre bisherigen CDs nur auf Bandcamp erhältlich waren. Anlässlich der Veröffentlichung ihres zweiten Prog-Albums „Arcana“, das ab dem 31. Januar auch hierzulande erscheint, sprach das vielseitig interessierte Paar, das sich geradezu kongenial ergänzt, mit eclipsed über Musik, die Trumpfkarten des Tarot und die Liebe zueinander.
eclipsed: Circe und Christian, ihr habt zusammen mehr als ein Dutzend Alben veröffentlicht, aber erst bei „Cosmologica“ (2021) wart ihr ihm vollen Prog-Modus. Was hat euch damals bewogen, das Prog-Genre auf Albumlänge zu erforschen?
Christian Nesmith: Eigentlich kann man uns nicht in eine bestimmte Genre-Schublade stecken. So hatten viele von Circes frühen Sachen eher einen Countryjazz-Twang, und das machten wir dann erst mal eine Zeitlang. Zum Spaß haben wir aber auch andere Sachen aufgenommen, z.B. „The Pop EP“ oder das Album „California Kid“, das eher im Americana-Rock-Stil war.
Circe Link: „Bird’s Amazing Journey And The Meaning Of Tea“ war dagegen ein Konzept-Album im Stil von Randy Newman und Harry Nilsson.
Nesmith: Mir fallen jedenfalls dauernd kleine musikalische Motive ein, und bereits 2011 war der Titelsong von „Cosmologica“ fertig. Als 2020 Covid ausbrach, verbrachten wir neun Monate damit, das Album auszuarbeiten.
eclipsed: „Cosmologica“ war stark von großen klassischen Prog-Bands wie Yes und Genesis beeinflusst. Was war euer persönliches Prog-Erweckungserlebnis?
Nesmith: Die erste Prog-Band, auf die ich stand, war Yes. „The Yes Album“, „Fragile“ und „Close To The Edge“ waren unglaublich! Vermutlich fand ich diese Platten auch deshalb so toll, weil ich einige chemische Substanzen intus hatte. (beide lachen) Auch die frühen Jethro Tull gefielen mir.
Link: Die erste Prog-Band, in die ich mich verliebte, war ebenfalls Yes. Damals datete ich einen Jungen, und bei ihm hörte ich zum ersten Mal die „Close To The Edge“-Platte. So eine musikalische Erfahrung hatte ich noch nie gehabt, obwohl ich damals in einem Plattenladen arbeitete und einen breiten Musikgeschmack hatte. Danach verliebte ich mich in Bands wie King Crimson und Gentle Giant – und sogar in abgefahrene Gruppen wie Henry Cow. Als Christian und ich zusammenkamen, machten wir aber eher Cowboy Jazz im Stile von Dan Hicks & His Hot Licks. Wenn man den Luxus eines Heimstudios hat und außerdem einen Partner hat, der Aufnahme- und Mixtechniker, Songwriter und Multiinstrumentalist ist, dann ist alles möglich! Ich konnte zu ihm sagen: „Hey, lass uns einen Bossa-Nova-Song machen!“ Und am nächsten Tag sagte ich: „Lass uns einen Punkrock-Song machen!“ Letztlich war es für uns ganz natürlich, alle Genres auszuprobieren.
Nesmith: Wir verliebten uns übrigens übers Telefon. Circe lebte damals 40 Meilen von mir entfernt, und als Erstes schickte sie mir eine Mix-CD. Ich war total begeistert, wie eklektisch diese CD war, denn darauf waren Songs von Dolly Partons „The Grass Is Blue“-Album und vom hawaiianischen Slide-Guitar-Spieler King Bennie Nawahi, aber auch von Judas Priest und Ozzy Osbourne. Da wusste ich: Das ist das richtige Mädchen für mich!
eclipsed: Euer neues Prog-Album „Arcana“ ist ein Konzeptwerk über die „Großen Arcana“, die Trumpfkarten im Tarotdeck. War dieses Konzept deine Idee, Circe?
Link: Ja. Ich habe immer Ideen, wenn Christian an einem Demo arbeitet. Dieses Mal habe ich mir überlegt, welche Wörter und Klänge zu den verschiedenen Arcana passen würden.
eclipsed: Bist du auch an Tarot-Karten interessiert, Christian?
Nesmith: Nein. (beide lachen) Aber die Idee, dass es etwas Außerweltliches gibt, das unser Verstehen übersteigt, ist der perfekte Ausgangspunkt, wenn man Progressive Rock macht – denn beim Progressive Rock gibt es keine Grenzen.