Vor 56 Jahren gründeten Ritchie Blackmore und Jon Lord DEEP PURPLE. Das Rock-Monster, das die beiden kongenialen Musiker damals in London erschufen, ist nach diversen Umbesetzungen immer wieder wie Phönix aus der Asche aufgestiegen. Nachdem der virtuose, aber müde wirkende Steve Morse wegen der Krebserkrankung seiner Frau im Juli 2022 seinen Posten abgab, konnte niemand ahnen, dass die Band mit dem nordirischen Saitenvirtuosen Simon McBride und dem Studiowerk „= 1“ eines der Top-Rockalben des Jahres 2024 produzieren würde. Bevor der neue Gitarrist sich dazu äußert, geht der Blick 50 Jahre zurück ins Jahr 1974: mit Geschichten zum Meisterwerk „Burn“ und seinem Nachfolger „Stormbringer“. Von Ritchie Blackmore, Ian Paice, David Coverdale und Glenn Hughes gibt es hierzu aktuelle Statements und Erinnerungen, die durch ein Interview von 1979 abgerundet werden, in dem sich Jon Lord zu „Burn“ äußerte.
Die Geschichte von „Burn“ beginnt im Grunde genommen schon Anfang 1972. Nach den Aufnahmen zum Erfolgsalbum „Machine Head“ hatte Ritchie Blackmore nämlich das Gefühl, dass die Mk.-II-Besetzung ihren Höhepunkt erreicht habe und dass nach „Deep Purple In Rock“ und „Machine Head“ nichts mehr von diesem Line-up zu erwarten sei. „Fireball“ (1973) hielt er immer für ein unausgegorenes „Zwischendurch-Album“, und schon als ihm 1972 das Riff zu „Mistreated“ eingefallen war, stand für ihn fest: Dafür benötige ich eine andere Band. Ian Gillan ging nach der Eiszeit, die Blackmore gegenüber seinem einstigen Kumpan ausrief, freiwillig, und Roger Glover wurde gleich mitgefeuert. Der Weg war frei für eine runderneuerte Besetzung. Mk. III mit David Coverdale und Glenn Hughes brachte neues Feuer und Energie. Und trotz aller Skepsis des Managements blieben Deep Purple damit in Europa die Hardrock-Band Nummer 1.
„Wenn ich jetzt hier in meinem Sessel sitze (in Long Island, New York; Anm.), mit einem halben Liter bayerischen Bier, dann verstehe ich auch nicht mehr, warum ich in den Siebzigern soviel Wut in mir hatte“, sinniert Ritchie Blackmore. Auf der anderen Seite hat diese Wut dazu geführt, dass Deep Purple in der ersten Hälfte der Siebzigerjahre mit ihren ikonischen Alben „Deep Purple In Rock“, „Machine Head“, „Made In Japan“ und „Burn“ zu einer europäischen Hardrock-Supermacht wurden. In den USA machten zwar Led Zeppelin der Band den Spitzenplatz streitig, doch hierzulande waren Deep Purple das Non-Plus-Ultra. 50 Jahre später kann die Band immer noch davon zehren und die Rock-Welt in Atem halten.
Never change a winning team?
Während sich Ian Paice und Jon Lord im Tour-Album-Tour-Zyklus eingerichtet hatten und mit der Besetzung Mk. II vollkommen einverstanden waren, zündelte Ritchie Blackmore schon nach den Aufnahme zu „Machine Head“ 1971 an dieser Zusammensetzung. „Es gibt Bands, die willst du nicht in einer anderen Zusammensetzung erleben. Dazu gehören Led Zeppelin, die Beatles oder auch ABBA, aber Deep Purple waren von Anfang an eine Zweckgemeinschaft. Wichtig war stets das gewesen, was am Ende auf der Platte war. Und wenn der Songschreiber, in diesem Fall ich, einen Heavy-Blues-Song geschrieben hat und der damalige Sänger das nicht so gut interpretieren konnte, dann musste eben ein neuer Sänger her“, erinnert sich Blackmore an diese Phase. Schon vor den Aufnahmen zum letzten MK.-II-Album „Who Do We Think We Are“ gab Gillan entnervt auf und schrieb der Band einen Brief, in dem er für den 30. Juni 1973 seinen Ausstieg ankündigte. Warum ein Brief, fragt man sich zurecht ...