Die BLACKBERRIES schenken psychedelischen Kraut-Pop der fruchtig-edlen Sorte ein

29. September 2022

Die BLACKBERRIES schenken psychedelischen Kraut-Pop der fruchtig-edlen Sorte ein

2007 gegründet, haben die Blackberries aus Solingen auf der aktuellen Scheibe „Vorwärts Rückwärts“, ihrem vierten Album, nach einigen stilistischen Wandlungen und einer Art Neustart im Jahr 2016 offenbar ganz zu sich gefunden. Warum ihr Stil-Mix so bunt und vielfältig ist, woher ihr fruchtiger Name stammt, welche Rolle die Beatles dabei spielen, wie sie sogar live in China aufgetreten sind und natürlich worum es auf dem neuen Album geht, erläutert uns alles Sänger und Gitarrist Julian Müller.

eclipsed: Kannst du bitte die bisherige Karriere der Blackberries zusammenfassen? 

Julian Müller: Wir haben etwa 2007 als The Blackberries angefangen und zuerst ein paar Singles und EPs veröffentlicht, bevor 2012 unser erstes Album „Music For The Night“ erschienen ist. Die Platte war noch sehr vom Indie-Rock der 2000er geprägt. Im Anschluss daran haben wir viel live gespielt. Beim jammen und bei meinem Songwriting haben wir aber gemerkt, dass das, was natürlich entsteht, wenn wir Musik machen, experimenteller, psychedelischer und einfach anders ist als die „alten“ Songs. Deswegen war unser Doppelalbum „Greenwich Mean Time“ von 2016 ein Neustart. Wir haben das „The“ aus dem Namen gestrichen, nur noch die neuen Songs gespielt und auf gewisse Art und Weise von vorne begonnen. Mit „Disturbia“ von 2018 haben wir daran angeknüpft, uns gleichzeitig weiter von den ʼ60s Einflüssen gelöst und dadurch noch mehr zu uns gefunden. Die neue Platte „Vorwärts Rückwärts“ bringt jetzt für mich auf den Punkt, was die Band ausmacht, und fängt die Energie ein, die wir auf der Bühne haben. Gleichzeitig drehen sich die Texte um Themen, die uns wichtig sind: das Hinterfragen von Krieg und Gewalt, die voranschreitende Umweltzerstörung und der Druck unserer Leistungsgesellschaft.

eclipsed: Bist du Brombeeren-Fan? Oder woher kommt der fruchtige Bandname?

Müller: (lacht) Die Story dazu ist total banal. Unser damaliger Bassist aß, als wir nach einem Namen gesucht haben, gerade einen Blaubeer-Joghurt und darüber sind wir zuerst auf The Blueberries und dann auf The Blackberries gekommen. Der Name hatte den Klang von ʼ60s Bands wie The Hollies und das passte gut zu der Vision, die ich damals hatte. Heute würden wir uns sicher anders nennen, aber das geht ja vielen Bands so, die jung anfangen. 

eclipsed: Euer Stil lässt sich am besten mit psychedelischem Kraut-Pop beschreiben, eine coole Mischung, aber auch irgendwo zwischen allen Stühlen. „A Life In Colour“ beschreibt vielleicht ganz gut euren bunten, blumig-fruchtigen Ansatz… ihr fühlt euch offenbar mehreren musikalischen Traditionen zugehörig.

Müller: Der Song, der mich zur Musik gebracht hat, war die Beatles-Version von „Twist & Shout“. Dieser unglaubliche Gesang und die Kraft der Aufnahme haben in mir eine bis heute ungebrochene Begeisterung ausgelöst. Ich habe dann als Kind die frühen Beatles-Alben gehört, bin bei ʼ50s RockʼnʼRoll von Chuck Berry, Elvis und Little Richard gelandet, habe Merseybeat à la Gerry & The Pacemakers aufgesogen, und natürlich die ganzen ʼ60s Klassiker von den Stones, Who, Kinks, Beach Boys und Hollies entdeckt. Mein erstes selbst gekauftes Album war dann das weiße Album von den Beatles, was einer der unglaublichsten Stilmixe ist, der je auf eine Platte gebannt worden ist. Zusammengehalten werden die Songs von der Persönlichkeit dieser vier Musiker. Und dieses Selbstverständnis – dieses „alles ist möglich“ – ist etwas, mit dem ich von Anfang an aufgewachsen bin. Damit meine ich nicht, dass man beliebig alles macht, was einem in den Sinn kommt, aber dieses enge Schubladendenken war nichts für mich. Es gibt trotzdem viele Dinge, von denen ich mich persönlich abgrenzen würde und die mir überhaupt nicht zusagen. Aber offen und auf der Suche zu sein, ist für mich essenziell wichtig, um Musik zu machen, die ich selbst spannend und inspirierend finde. 

eclipsed: Euer neues Album kann sich offenbar zwischen vorwärts und rückwärts gar nicht entscheiden: da gibt es Einflüsse von altem Motown-Soul über die psychedelischen Sixties bis hin zum auch elektronischen Krautrock, aber auch fluffig-modernen Indie-Rock. Wie ist der kuriose Albumname zu verstehen?

Müller: Wir hatten zuerst vor, die Platte „Rückwärts“ zu nennen, aber das hätte zu kurz gegriffen. Gerade das Zusammenspiel und die Dualität dieser Wörter greifen die inhaltliche Thematik der Platte, bei der es viel um Bewegung und Veränderung geht, auf. So können beide Worte für sich verschieden konnotiert sein, je nachdem wie man sie betrachtet. Vorwärts kann für Aufschwung und Offenheit stehen, es kann aber auch meinen, dass man immer mehr möchte, über seine Verhältnisse lebt und nie genug bekommt. Rückwärts kann dagegen „ewig gestrig“ bedeuten oder die Möglichkeit beschreiben, zurück zu schauen und aus der Vergangenheit zu lernen. Es ist viel komplexer als wenn man die Welt nur in „richtig“ und „falsch“ aufteilt. Und diese verschiedenen Aspekte deutet der Albumtitel an und wird von den Songs aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. 

eclipsed: Wie habt ihr euch auf dem neuen Album seit „Disturbia“ weiterentwickelt?

Müller: Es war uns wichtig bei „Vorwärts Rückwärts“ die Energie unserer Live-Shows einzufangen. Wir haben die Platte daher zusammen in einem Raum mit nur wenigen nachträglichen Overdubs eingespielt. So hatten wir die Möglichkeit auch spontane Ideen entstehen zu lassen, wie etwa beim Outro von „Rückwärts“, das wir vorher noch nie gespielt hatten und was dann direkt im ersten Take spontan so entstanden ist. Für mich sind die Eckpunkte der Band Energie, Melodie und der Raum für Spontanität und ich glaube, dass wir diese Aspekte auf dem neuen Album bisher am besten eingefangen haben. Wir waren alle schon vorher sehr glücklich mit den Songs und haben an einem Strang gezogen. Und das war dann auch die Grundvoraussetzung dafür, dass die Platte so entstehen konnte ...

Das komplette Interview findet ihr als Teil unseres Online Abos, siehe https://www.eclipsed.de/de/abo

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