Die Dream-Theater-Schüler RENDEZVOUS POINT entfesseln ihre eigenen magischen Kräfte

15. Juli 2019

Rendezvous Point

Die Dream-Theater-Schüler RENDEZVOUS POINT entfesseln ihre eigenen magischen Kräfte

Mit Vorzeigebands wie TesseracT, Leprous, Vola, Caligulaʼs Horse und vor allem auch Haken hat sich in den letzten Jahren eine neue spannende Progmetal-Bewegung etabliert. Spätestens mit ihrem aktuellen Album „Universal Chaos“ gehören auch die Norweger Rendezvous Point dazu, verbindet die Band doch hier auf perfekte Weise alle Kernelemente des modernen Progmetal-Sounds: tiefergelegte Djent-Grooves, fabelhaft schwebende Keyboard-Teppiche, vertrackt-dynamische Drums und vor allem den super-melodischen Gesang von Geirmund Hansen.

Gegründet wurde die Band während des gemeinsamen Musikstudiums 2010 an der Universität Agder (Kristiansand), doch die meisten Mitglieder (u.a. auch Leprous-Drummer Baard Kolstad) kennen sich teilweise schon aus Jugendzeiten. „Der ,Rendezvous Point‘  war und ist für uns immer die Bezeichnung für den Ort, an dem wir uns zum Komponieren und Proben treffen“, erzählt Gitarrist Peter Hallaråker über die Anfänge der Band. „Ich weiß nicht, ob es eine unterbewusste Sache ist, aber in dem „South Park“-Kinofilm von 1999 gibt es eine Szene, in der Eric Cartman sagt: ,Letʼs meet at the rendezvous point!‘ Mir ist das allerdings erst Jahre später wieder aufgefallen. Es kann also durchaus sein, dass unser Bandname von daher stammt.“

Vor allem Dream Theater standen in den Anfangstagen des Quintetts als musikalische Orientierung hoch im Kurs. „Sie waren damals der kleinste gemeinsame Nenner. Bei mir selbst hatte das allerdings schon fast religiöse Ausmaße“, schmunzelt Petrucci-Jünger Hallaråker. „Ich habe eine Zeitlang fast nichts anderes gehört, habe versucht jede Note nachzuspielen. Und auch Baard konnte Titel wie ,The Dance Of Eternity‘ schon mit zwölf, dreizehn Jahren nachspielen. Als unser Keyboarder Nicolay vor Jahren nach einem Motorradunfall im Krankenhaus lag, hab ich ihm die ,Systematic Chaos‘ als Geschenk mitgebracht. Ich wollte unbedingt, dass er sich mit der Band beschäftigt.“ (lacht) Die jüngste Entwicklung der New Yorker Platzhirsche sieht Hallaråker mit gemischten Gefühlen. „Ich bin ein echter Portnoy-Fanboy, das muss ich wohl vorausschicken. Jedes DT-Album, auf dem er zu hören ist, hat etwas ganz Spezielles. Seit seinem Ausstieg fehlt der Band einfach das gewisse Etwas. Klar, auch Mangini ist ein fantastischer Drummer, aber er hat nicht das Herz und die Seele von Portnoy. ,A Dramatic Turn Of Eventsʼ war noch okay, aber vor allem auf dem selbstbetitelten Album klangen dann auch die Schlagzeug-Sounds schrecklich. ,The Astonishing‘ mochte ich an drei Tagen in der Woche, aber an den übrigen vier Tagen hab’ ich es gehasst. Grundsätzlich fand ich aber gut, dass sie mal etwas Neues ausprobiert haben. Und jetzt kommt die Überraschung: ,Distance Over Time‘ ist für mich sogar das beste Album mit Mangini! Bei aller Kritik, die momentan immer mal wieder an ihnen geübt wird: Sie werden auch weiterhin das Progmetal-Aushängeschild Nummer 1 bleiben.“

Auf Hallaråkers YouTube-Kanal findet man aktuell einige Livemitschnitte von der Examensprüfung des Gitarristen, bei der er mit der damaligen Besetzung von Rendezvous Point u.a. Stücke von Dream Theater, Scott Henderson, Guthrie Govan und Greg Howe zu Gehör bringt. Auch eine Version von Extremes „Get The Funk Out“ hatte Hallaråker einstudiert. „Damals haben wir auch die ersten Eigenkomposition von Rendezvous Point gespielt: ,The World Goes On‘ war ein zehnminütiger Prog-Longtrack, der sehr stark von Dream Theater beeinflusst war, der aber 2015 nicht auf unserem Debüt ,Solar Storm‘ gelandet ist, weil wir uns zu der Zeit schon relativ stark weiterentwickelt hatten.“ Bereits 2012 wurde die Band hoch gehandelt und durfte einige ihrer frühen Songs sogar mit dem Symphonie-Orchester Kristiansand aufführen. „Das war im Prinzip ein offener Wettbewerb, für den man seine eigenen Kompositionen einsenden konnte. Das Orchester bzw. ihr Arrangeur hat dann die Songs, die am besten gefielen, für das Orchester umgeschrieben. Am Ende des Tages haben wir mit ,The World Goes On‘ sogar die Show eröffnet.“

Bereits damals mit an Bord: Sänger Geirmund Hansen, über den Hallaråker nur in den höchsten Tönen spricht. „Geirmund ist ein echtes Multitalent. Er hat ursprünglich mal als Schlagzeuger angefangen, spielt aber auch Gitarre, und Keyboards. Seine größte Stärke ist aber ganz klar der Gesang. Seine Power hat mich direkt umgehauen. Er ist auch ganz allein für unsere Texte verantwortlich. Darin verarbeitet er u.a. das Gefühlschaos in seinem Kopf. Geirmund hatte in der Vergangenheit mit Angststörungen und Depressionen zu kämpfen, die Texte sind ein sehr heilsames Ventil für ihn. In ,Digital Waste‘ spricht er beispielsweise über unseren Umgang mit den sozialen Medien und den Druck, sich immer super-vorteilhaft darstellen zu müssen.“

Nach Support-Tourneen mit Leprous (im Oktober 2015 spielten Hallaråker und Kolstad jeweils zwei Sets pro Abend, da Hallaråker zu dieser Zeit auch als Live-Gitarrist bei Leprous aushalf!) und Long Distance Calling („Die Tour war keine so gute Erfahrung für uns, vor allem, weil unser Busfahrer in Frankreich mit Alkohol am Steuer erwischt wurde! Die Show in Paris musste daher abgesagt werden. und auch musikalisch passte es nicht so gut zusammen!“) ist Hallaråker vor allem die dritte Tour 2016 mit Haken in sehr guter Erinnerung geblieben. „Menschlich wie musikalisch war es eine fantastische Erfahrung. Wir haben da auch sicherlich ein paar Fans mehr auf uns aufmerksam machen können.“ Vor allem die Songs von „Solar Storm“ standen damals im Mittelpunkt, doch mit „Apollo“ stellten die Norweger bereits eine brandneue Highlight-Komposition vor, die sich nun drei Jahre später zum Opener des neuen Albums „Universal Chaos“ gemausert hat. „Einige Songs haben sogar noch ein paar Jahre mehr auf dem Buckel“, lacht Hallaråker. „Den Titelsong hatte ich bereits seit 2012 auf meinem Computer, und „The Takedown“ stammt aus dem Jahr 2014.“

Auf Teufel komm raus wollen Redezvous Point allerdings nicht auf die Tour-Karte setzen. „Baard und Nikolay können beide von ihren Einkünften als Musiker leben. Baard ist ja mit Leprous auch gut beschäftigt, und Nicolays Stärke ist wohl seine Vielseitigkeit. Er hört alles und kann auch alles spielen, so dass er immer wieder interessante Jobs an Land ziehen kann. Unsere Bassistin Gunn-Hilde macht gerade ihren Doktor in Musik, Geirmund arbeitet als Gesanglehrer und ich als Gitarrenlehrer. Wir müssen als Band also nicht ständig präsent und unterwegs sein. Wenn allerdings eine schöne Gelegenheit kommt, wollen wir diese aber auch gern wahrnehmen.“

Über die Zukunft des Progmetal äußert sich Hallaråker zum Abschluss folgendermaßen: „Ich finde vor allem die Verquickung mit interessanten Keyboard-Sounds bzw. Elektronik-Elementen sehr interessant. Die technischen Innovationen, die z.B. durch sieben- und achtsaitige Gitarren zum Djent-Boom geführt haben, gehen immer mehr eine Symbiose mit spannenden elektronischen Sounds ein. Hier muss ich auch erneut eine Lanze für Nicolay brechen. Er ist kein Virtuose im Sinne eines Jordan Rudess, aber er kann sich perfekt anpassen. Er ist vor allem ein echter Klangzauberer, der die Band mit seinen Sounds auf ein komplett anderes Level bringt. Ohne ihn wären wir eine ganz normale Rockband. Es gibt heutzutage ein enormes technisches Level in unserm Genre, aber ich registriere inzwischen auch eine gegenläufige Bewegung, in der Bands z.B. inzwischen gänzlich auf Gitarrensoli verzichten. Bei uns wird es diese aber weiterhin geben!“

Die nächste Möglichkeit, die Qualitäten von Rendezvous Point unter die Lupe zu nehmen, ergibt sich im September: Dann ist das Quintett als Support von Vola wieder in Deutschland zu sehen.

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* * * Mike Borrink

GASTPLAYLIST
Petter Hallaråker (Rendezvous Point)

1. Devin Townsend - Empath
2. The Contortionist – Clairvoyant
3. TesseracT – Sonder
4. Meshuggah – The Violent Sleep Of Reason
5. Haken – Vector