Die norwegische Band Madrugada hat um die Jahrtausendwende ein einzigartiges Gesamtwerk vorgelegt, dessen Abschluss keineswegs für 2007 geplant war. Doch der völlig unerwartete Tod von Gitarrist Robert Burås, 31, führte zu einem vorzeitigen Ende der Gruppe auf dem Zenit ihrer Umlaufbahn. Die Band steckte damals gerade in der Produktion ihres fünften Studioalbums „Madrugada“, das noch einmal ganz neue Perspektiven eröffnet hätte. Die CD stellte sie fertig, aber das war es noch lange nicht.
Werfen wir zunächst einen Blick weit hinter diesen Punkt zurück. Madrugada waren 1995 aus der Band Abbeys Adoption hervorgegangen. Vier Jahre später erschien ihr erstes Album „Industrial Silence“, mit dem sie sich stilistisch zwischen Nick Cave, Gun Club, Leonard Cohen und archaischem Blues einordneten. Das Markenzeichen der Band war die tiefe, klangvolle Stimme von Sänger Sivert Høyem. Er verlieh den Songs Flügel, führte sie zu fernen Galaxien und transformierte alles Irdische. Høyem gehört zu jenen Sängern, die nur einen einzigen Ton ins Mikrofon zu summen brauchen, um erkannt zu werden.
In kurzen Abständen folgte eine Reihe von Alben, mit denen Madrugada ihre Basis immer weiter ausbauten, sowohl stilistisch als auch was ihre Beliebtheit in und außerhalb von Norwegen betraf. Dieses dunkle Glimmen zwischen Hoffnung und Verzweiflung, das mit dem Bandnamen Madrugada (spanisch für das erste Licht in der Morgendämmerung) passend ausgedrückt ist, bekam man so nur von den Norwegern. Jon Lauvland Pettersens schnörkelloses Drumming, Frode Jacobsens stoisch wummernder Bass und Burås’ stets im Blues verhaftete E-Gitarre waren kongeniale Ergänzungen zu Høyems vokalen Höhenflügen. Gravitation und Fliehkräfte bildeten bei Madrugada immer eine spezielle Balance. Sie konnten noch so viel Gas geben, in jedem einzelnen ihrer Songs steckte trotzdem eine Hymne.