JG THIRLWELL und SIMON STEENSLAND ergründen auf „Oscillospira“ Makro- und Mikrowelten

28. August 2020

JG Thirlwell Simon Steensland

JG THIRLWELL und SIMON STEENSLAND ergründen auf „Oscillospira“ Makro- und Mikrowelten

Der in New York lebende Australier JG Thirlwell hat seit Anfang der 1980er Jahre regelmäßig spannende Platten zwischen Postpunk, Experimental Rock und Noise herausgebracht, etwa mit seinem Ein-Mann-Projekt Foetus und mit Wiseblood. Daneben machte er sich einen Namen als Klassik-Komponist (u. a. für das Kronos Quartet) und als Remixer (z. B. für Faith No More und Nine Inch Nails). Sein aktuelles Album „Oscillospira“, das mit dem schwedischen Multiinstrumentalisten Simon Steensland entstand, ist nun möglicherweise sein beeindruckendstes und verschmilzt Avantgarde-Prog mit moderner Kammermusik. 

Den Wunsch zum Orchestrieren entdeckte Thirlwell, der als Kind Cello lernte, vor 35 Jahren: „Es begann 1985, als ich Zugang zu einem Fairlight-Synthesizer hatte. Auf dem Foetus-Off-The-Wheel-Album ,Nail‘ gab es bereits Orchesterinstrumente, und auf späteren Alben schlich sich ein symphonischeres Feeling ein.“ Diese Entwicklung hat er jetzt auf die Spitze getrieben – zudem ist „Oscillospira“ avantgardistischer und progressiver als alles, was er bisher herausgebracht hat. „Ich mag den Begriff ,progressiv‘, wenn man ihn im ursprünglichen Sinne des Wortes versteht“, erklärt der 60-Jährige. „Sprich: wenn man sich vorwärts bewegt und eine rigide Form entfesselt.“  

Daneben ist „Oscillospira“ auch von seinen „ernsten“ Kompositionen geprägt, die nicht auf Platte oder im Internet erhältlich sind – und natürlich von Simon Steensland, den er 2017 in Stockholm kennenlernte: „Ich hatte damals einen Kompositionsauftrag für das Great Learning Orchestra. Dieses basiert auf dem Scratch Orchestra von Cornelius Cardew [britischer Komponist, 1936–1981; Anm.] und besteht aus Musikern, die gut, weniger gut oder gar keine Noten lesen können. Daher verwendete ich eine Partitur mit konventioneller und graphischer Notation und setzte außerdem angeleitete Improvisation ein.“ Als er Steenslands Namen auf der Teilnehmerliste sah, verspürte er sofort eine gewisse Vorfreude: „Ich hatte zuvor schon jahrelang seine Musik gehört; er verkörpert für mich eine Klangwelt, die mich sehr interessiert: die Rock-In-Opposition-Bewegung und die Zeuhl-Familie mit Bands wie Magma, Present und Univers Zero.“ 

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