JIMI HENDRIX - Live 1970

JIMI HENDRIX - Live 1970

„Six – five – four – three – two – one!“, tobt die Menge. „On behalf of the Fillmore family, a very very happy new year!“, ruft Bill Graham. Wir schreiben den 1. Januar 1970, 0 Uhr 2. Jimi & Co. übernehmen das traditionelle „Auld Lang Syne“ von der Guy-Lombardo-Orchester-Konserve – hochmelodisch, nicht zersägend – und lassen es groovend in „Who Knows“ übergehen …

Jimi Hendrix’ Bühnenleben war bis dahin stets ein Kaleidoskop der Höhepunkte gewesen: 1966 die Sensation im Londoner Speakeasy,1967 Monterey mit pyromanischem Gitarren-Grillen, 1968 Miami mit der relaxtesten Experience aller Zeiten, weil „Electric Ladyland“ nach einem Jahr Tüfteln endlich im Kasten war, dazu der Winterland Ballroom in San Francisco mit sechs Traumgigs in drei Tagen. 1969 dann eine brutale Breitseite mit Marshall-Verstärkern in der „Happening For Lulu“-Show gegen den Willen der playback-versessenen BBC-Bosse, Woodstock inklusive Dekonstruktion der US-Nationalhymne und Kritik am Vietnamkrieg.

Im Sommer 1969 hatte sich das wilde Trio The Jimi Hendrix Experience aufgelöst, nachdem Bassist Noel Redding aufgrund seines angespannten Verhältnisses zu Jimi die Band verlassen hatte. Was würde das Jahr 1970 bringen? Mit nur 39 Konzerten kein ausuferndes Touren, was Hendrix sicherlich gelegen kam, weil er – anders als in Miami 1968 – in Gedanken schon beim großen Wurf seines geplanten vierten Albums „First Rays Of The New Rising Sun“ war (nicht etwa, weil er vorhatte, diesen Planeten in Richtung „aufgehender Sonne“ zu verlassen). Der Gitarrengott schlechthin hörte außerdem inzwischen orchestrale Klänge in seinem Kopf, die er eher mit einer Bigband verwirklichen zu können glaubte – eine Kooperation mit Bandleader Gil Evans bahnte sich an.

Hintergrund der Konzerte zum Jahreswechsel 1969/1970 im New Yorker Fillmore East war auch eine offene Rechnung: Jimi schuldete seinem Ex-Manager Ed Chalpin und Capitol Records nach einem verlorenen Prozess noch ein Album. Statt mit seiner als Gypsy Sun & Rainbows bezeichneten Formation aufzutreten, zu der neben dem Experience-Schlagzeuger Mitch Mitchell Billy Cox am Bass, der Rhythmusgitarrist Larry Lee sowie die Perkussionisten Juma Sultan und Jerry Velez gehörten, beschloss Hendrix, ein neues Trio zu bilden, das er schlicht Band of Gypsys nannte: Den Bass spielte hier ebenfalls sein Armee-Kumpel Cox, während an den Drums Buddy Miles, der nach Engagements bei Wilson Pickett und The Electric Flag den Buddy Miles Express gegründet hatte, als straight groovender Soulmann den so sensibel wie wild windmühlenden Mitch Mitchell ersetzte ...

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