Nach zwölfjähriger Studioalbum-Pause will es die alte Band um Gründungsmitglied, Sänger und Gitarrist John Lees noch mal wissen. Das neue Werk „Relativity“ knüpft überraschend stark an die progressive Vergangenheit der verdienten englischen Formation Barclay James Harvest an. Wir haben Lees nach der überraschenden Wiederkehr, dem Albumkonzept und den neuen Songs sowie seinen christlichen Texten befragt.
Mit ihrem sinfonischen Sound, der – voller Mellotron-Wolken und melodischer Leadgitarre – immer an die Moody Blues erinnerte, haben sie Geschichte geschrieben. Songs wie „Mocking Bird“ oder „Child Of The Universe” besaßen epische Größe. Mit „Gone To Earth” und dem Überhit „Hymn” war der Zenit erreicht. Nach dem Ausstieg von Keyboarder Woolly Wolstenholme 1979 ging es schnell in oft seichte Gewässer. 1998 zerfiel die Band in zwei Hälften: Barclay James Harvest Featuring Les Holroyd und John Lees’ Barclay James Harvest, die neben den Studiowerken „Nexus“ (1999) und „North“ (2013) vor allem Livealben produzierten.
eclipsed: Nach zwölf Jahren doch noch ein Album. Warum erst jetzt, John?
John Lees: Wir hatten ja bereits 2017 angefangen. Dann kam Covid, und es ist ziemlich viel passiert. Meine Frau hatte Krebs, ich hatte Krebs, meine Tochter hatte Krebs, mein Sohn Probleme. Also hatten wir eine ziemlich lange Pause beim Aufnehmen. Es dauerte buchstäblich sieben Jahre, bis wir fertig waren.
eclipsed: Woher kommt der Titel „Relativity“? Natürlich kennen wir alle Albert Einsteins bahnbrechende Relativitätstheorie der physikalischen Gesetze. Aber was meinst du damit?
Lees: Es handelt von kosmischen Wechselwirkungen und Beziehungen zwischen Menschen. Wir haben mit einem Zitat begonnen, das aber nicht wirklich Einstein zugeschrieben werden kann: „Wie um alles in der Welt kann man mit Hilfe der Chemie und Physik etwas so Wichtiges wie die erste Liebe erklären? Leg deine Hand eine Minute lang auf einen heißen Ofen, und es kommt dir wie eine Stunde vor. Sitz eine Stunde mit diesem besonderen Mädchen zusammen, und es kommt dir wie eine Minute vor. Das ist Relativität.“ Wir haben gemerkt, dass das Zitat zu dem passte, was wir vorhatten. Und so haben wir das Konzept weiterverfolgt.
eclipsed: Würdest du „Relativity“ als Konzeptalbum bezeichnen?
Lees: Ja, aber man möchte immer, dass die Leute ein Album als Ganzes hören. Deshalb nimmt man es auf. Es ist eine Reise von Anfang bis Ende. Und wir werden älter und reflektieren mehr. Es ist konzeptionell geworden, ja, und von Anfang bis Ende gedacht, nicht wie beim Streaming, und hoffentlich mit einem Drink in der Hand.