LONG DISTANCE CALLING - Münster und die Welt

20. April 2016

Long Distance Calling

Mit Progressive Rock verbindet man sicher zuerst eine Metropole wie London, doch auch eine verträumte Kleinstadt wie Canterbury konnte sich bekanntlich zu einem Hort des Prog entwickeln, auch wenn das schon lange her ist. Aber ausgerechnet Münster? Auch der Name Münster steht für Aufbruch aus der Konvention, nur liegt die Zeit der Wiedertäufer schon ein halbes Jahrtausend zurück. Dass eine Band wie Long Distance Calling ähnliche Wellen schlägt, ist kaum zu vermuten, aber immerhin krempelt die Münsteraner Band die deutsche und ein Stückweit auch Europas progressive Musikszene um.

Die fünfte CD der Band trägt den vielsagenden Titel „Trips“ und ist komplett anders als alles, was die Gruppe bisher gemacht hat. Ihr Sound ist offener geworden, weniger klaustrophobisch und in den Seventies verhaftet, lässt mehr Pop-Elemente zu. Wäre dieser Begriff nicht so negativ behaftet, könnte man sagen, die Songs sind zugänglicher geworden. Verrat? Keineswegs. Das Kunststück besteht darin, dass die Jungs sich trotzdem treu bleiben. „Ich vermeide das Wort happy, weil es das auch nicht treffen würde, aber die CD ist bestimmt luftiger und auch ein bisschen positiver“, bilanziert Bassist Jan Hoffmann. „Es war uns wichtig, uns auf dieser Platte stilistisch mal so richtig auszutoben. Wir haben uns ja sowieso von Platte zu Platte verändert. Unser Debütalbum war sehr ruhig und postrockig, dann wurde es immer schneller, und die letzte Platte war ein wenig unter Zeitdruck entstanden. Dadurch ist vieles auf der Strecke geblieben, was uns ausmacht. Diesmal wollten wir uns wieder viel mehr Zeit für die Details nehmen.“

In Long Distance Calling sind Musiker mit sehr unterschiedlichem stilistischen Background vereint. Dieses weite Spektrum hat immer den besonderen Charme der Westfalen ausgemacht, doch auf „Trips“ wollte die Gruppe in alle Richtungen gleichzeitig weitergehen. Für diese Panoramareise steht nicht zuletzt der Albumtitel. Man habe noch nie so viel experimentiert wie auf dieser CD, betont Hoffmann. Jeder Song erzählt klanglich und dramaturgisch seine eigene Geschichte, und aus der Gesamtheit der Storys ergibt sich der Charakter der Platte. „Wir wollen uns nicht auf einen bestimmten Sound festlegen lassen“, so Hoffmann. „Auf unserer letzten Platte klang alles ein wenig ähnlich. Da gerät man schnell in die Falle, dass man im Kern immer wieder denselben bedienen muss. Diesmal schauten wir deshalb ganz bewusst etwas mehr nach links und rechts.“

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 180 (Mai 2016).