Aus dem mittelfränkischen Neuendettelsau kommt eine Jamrockband, die nicht nur einen ungewöhnlichen Namen hat, sondern auch durch den Einbezug des australischen Didgeridoos auffällt. Da den Mars Mushrooms irgendwann auch die Begriffe „Jamrock“ oder „Post-Krautrock“ zu simpel waren, hat das Quintett für ihren eigenwilligen Stil auch gleich eine eigene herrliche Genrebezeichnung erfunden. „Jamkraut“, ein Mix aus Musik und Herkunft der Band: vollmundige Jam-Mucke, serviert mit fränkischem Sauerkraut. 2023 stehen mit dem 25-jährigen Jubiläum eine Vielzahl von Aktivitäten an. Wir haben uns mit Bassist/Sänger Christoph von der Heide über Herkunft, Stil, Live-Auftritte und ihr eigenes kleines Band-Festival Jamkraut unterhalten. Selbstverständlich zu einem kühlen fränkischen Landbier und „Sechs Bratwürste mit Kraut“.
eclipsed: Wie kam es zu eurer Bandgründung? Woher der ungewöhnliche Name aus Space und Pilzen?
Christoph von der Heide: Im Grunde kannten wir uns alle aus der Schule des mittelfränkischen Dorfes Neuendettelsau. Da war auch unser erster Proberaum. Im Mai 1998 haben wir unsere ersten Gehversuche als Schülerband unternommen. Der Name entstand eher zufällig bei einem Gespräch darüber, wie cool es wäre, wenn Pilze auf dem Mars wachsen würden. Mehr steckt nicht dahinter. Ehrlich!
eclipsed: Habt ihr bereits vom Beginn an mit Didgeridoo gearbeitet?
Von der Heide: Thomas Kupser am Didge war zwar nicht von Anfang an dabei, aber wir waren bereits befreundet, und schon nach ein paar Gigs haben wir ihn fest in die Band geholt.
eclipsed: Woher kommt eure ungewöhnliche Kombi aus Jamrock und australischem Blashorn?
Von der Heide: Aus Neuendettelsau (lacht). Spaß. Daher, dass wir schnell gemerkt haben, dass unsere ausufernden Improvisationen sehr oft an Tiefe und Raum gewinnen, wenn Thomas ins Rohr bläst.
eclipsed: Sicherlich gehören Grateful Dead und Phish zu euren Vorbildern. Wer noch?
Von der Heide: Das kommt darauf an, wen du in der Band fragst. Phish, Grateful Dead und andere Jambands, wie Disco Biscuits oder moe. gehören sicherlich zu den Einflüssen, auf die wir uns alle einigen können. Darüber hinaus reicht das Spektrum von Bluegrass bis Stoner Rock und Reggae.
eclipsed: Euren Stil bezeichnet ihr ja gerne selbst als „Jam-Kraut“. Bezieht sich das nur auf die stilistische Kombi aus Kraut- und Jamrock oder steckt da noch mehr dahinter?
Von der Heide: Auf den Namen kamen Thomas und Michi (Anmerkung: Gitarrist Michael Schmidt) bei einem Bier in der Waldschlucht Bad Kohlgrub bei einem Gig von Groovergnügen. In dem Namen steckt ganz viel, was uns lieb und teuer ist, und auch bei dessen Interpretation darf viel improvisiert werden (lacht). Es ist die einmalige Kombination von Musik und Herkunft der Band: „Jam“-Musik und fränkisches Sauer-„Kraut“.
eclipsed: Eine ganz besondere Beziehung habt ihr zum „Weißen Ross“ im beschaulichen Immeldorf. Was bedeutet euch diese Dorfkneipe?
Von der Heide: Walter Hertles Kultkneipe begleitet uns quasi schon unser ganzes Leben: Erst hingen wir dort als junge Burschen an der Bar rum, spielten Kicker oder haben uns Konzerte angesehen. Dann durften wir als total unbekannte Band dort auftreten. Und heute, 25 Jahre später, bezeichnen wir das „Weiße Ross“ als unser Wohnzimmer und spielen dort regelmäßig unsere spannendsten Konzerte. Ohne Walter würde es die Mars Mushrooms und den ganzen Kosmos drumherum wahrscheinlich gar nicht geben.
eclipsed: Trotz eurer mittelfränkischen Herkunft seid ihr schon in anderen Ländern, u.a. in der Schweiz und Japan aufgetreten. Was waren bisher eure persönlichen Festival-Highlights?
Von der Heide: Es kann nur EIN Festival Highlight geben, und das ist unser eigenes Jamkraut-Festival im beschaulichen Adelmannsdorf in Franken. Japan, zugegeben, das war auch der Wahnsinn. Mit „Tourmenschen“ übrigens auf YouTube mitzuerleben. Aber auch das Finkenbach-Open Air oder das Wudzdog Festival sind nicht von schlechten Eltern, da hatten wir sehr viel Spaß.
eclipsed: 2023 ist euer 25-jähriges Jubiläum. Was sind die Pläne? Offenbar ist da ja euer eigenes Festival „Jamkraut“ ein Highlight. Was war die Idee zu dem Festival, seit wann gibt es das und wer sind dieses Jahr die Bands?
Von der Heide: Genau, Jamkraut findet dieses Jahr zum zweiten Mal statt und ist gleichzeitig unsere Geburtstagsparty. Die Idee, ein eigenes Festival zu haben, schwebte schon seit Jahren im Raum herum. Das haben wir uns u.a. von Phish abgeschaut, bei deren Festivals wir auch schon waren. Das Lineup dieses Jahr wird großartig: unsere Hamburger Freunde von Pelagic Zone, unsere neuen Mühldorfer Freunde von Midgeʼs Pocket und Johnny and the Yooahoos, die „kleinste Blaskapelle der Welt“ für die kleinen Gäste und DJ Rote Rakete mit einem verrückten Set am Samstag. Wir freuen uns riesig!
eclipsed: Auch auf dem Herzberg werdet ihr spielen. Ist das euer erster Auftritt dort, welche Beziehung habt ihr zu dem Festival und was darf man live von euch erwarten?
Von der Heide: Wir spielen dieses Jahr tatsächlich zum ersten Mal auf dem Herzberg. Lustigerweise war noch nie jemand von uns da, wir wissen aber durchaus, wie groß und wichtig dieses Festival auch für unsere Szene ist und fühlen uns schon ein bisschen geehrt. Was man von uns erwarten darf? Keine Ahnung, von einer Mars-Mushrooms-Show sollte man grundsätzlich nichts erwarten, außer: „Expect the unexpected!“
eclipsed: Gibt es auch Pläne für ein neues Studioalbum?
Von der Heide: Klar, mit „Deep Beneath The Woods“ des Projekts Marslagic Shroomzone haben wir zwar gerade erst gemeinsam im Duopack mit Pelagic Zone einen digitalen Tonträger veröffentlicht. Dennoch, das Konzept hinter „MILK“, das war 2021 ein Live-Studio-Hybrid, hat uns so viel Spaß gemacht, dass wir dieses Jahr schon wieder etwas Ähnliches vorhaben: Bei Jamkraut, auf dem Herzberg und im November im MUZ-Club in Nürnberg schneiden wir fleißig mit und gehen danach mit den Spuren ins Studio, um damit Schabernack zu treiben. Der Unterschied zu „MILK“, das ja ohne Zuschauer aufgenommen wurde: Diesmal werden wir endlich wieder vor Publikum spielen.
* * * Interview: Walter Sehrer