Nach London und Rom macht die gefeierte Pink Floyd-Ausstellung „Their Mortal Remains“ in Dortmund Station. Im Dortmunder U, ein Wahrzeichen der Stadt, das vom Brauerei-Gebäude zu einem Zentrum für Kunst und Kultur umgebaut wurde, erwartet die Besucher ab dem 15. September ein multimediales Erlebnis, das den Gästen nicht nur die Musik der legendären britischen Band, sondern auch die Persönlichkeit ihrer Mitglieder näherbringt. Gegenüber dem eclipsed äußerte sich der Niederländer Edwin Jacobs, Direktor des Dortmunder U und künstlerischen Leiter der Pink Floyd-Ausstellung, zu „Their Mortal Remains“.
eclipsed: Nach den beiden Weltmetropolen London und Rom findet die Ausstellung nun in Dortmund statt. Nicht gerade eine Weltmetropole. Warum viel die Wahl auf Dortmund?
Edwin Jacobs: Ganz so verwunderlich finde ich das gar nicht. Klar – Dortmund ist keine Weltmetropole. Aber in den vergangenen Jahren hat sich die Stadt enorm gewandelt. Mittlerweile erinnern nur noch Museen und vereinzelte Relikte an die Zeit, in der Dortmund das Zentrum des Kohlebergbaus war. Heute erleben wir eine Stadt im Wandel, die mit fortschrittlichen und innovativen Konzepten neue Wege geht und sich dabei täglich neu erfindet. Und das schon lange nicht mehr nur im Fußball. Was passt da besser als eine Ausstellung, die nicht nur zu den kulturellen Highlights dieses Jahr gehört, sondern auch von einer Band erzählt, deren Wunsch zur Veränderung sich durch ihr gesamtes musikalisches Werk zieht?
eclipsed: Dortmund hat allerdings eine „Pink Floyd-Vergangenheit". 1977 startete die weltweite „Animals"-Tour in Dortmund und 1980/81 war Dortmund neben New York, Los Angeles und London die einzige Stadt weltweit, in der Pink Floyd „The Wall" aufführten. Wird auf diese Besonderheit Dortmunds in der Ausstellung eingegangen. Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
Jacobs: Ein weiterer Punkt, der zeigt, dass die Ausstellung eigentlich nur nach Dortmund kommen konnte. Stellen Sie sich das mal vor – eine der erfolgreichsten Bands aller Zeiten spielt vor 27 Jahren ein Konzert im beschaulichen Dortmund. Jetzt kehrt sie zurück an ihre alte Wirkungsstätte und findet eine Stadt vor, die sich einmal komplett gewandelt hat. Und auch bei den Leuten in Dortmund selbst ist die Begeisterung von damals absolut spürbar. Das Ausstellungskonzept hat einen festen Rahmen, der ja auch in London und Rom vorgegeben war – dennoch wird es im Umfeld der Eröffnung einige Aktionen geben, die das Thema aufgreifen. Es lohnt sich also, gerade als Dortmunder, Augen und Ohren offen zu halten.
eclipsed: Gibt es Unterschiede zu den Ausstellungen in London oder Rom? Ein neues Konzept? Eine neue Ausrichtung? Andere Exponate?
Jacobs: Der größte Unterschied zu den genannten Städten, in denen die Ausstellung übrigens sehr erfolgreich war, liegt in der einzigartigen Location, in der sie stattfindet. Das Dortmunder U hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein kulturelles Begegnungszentrum zu sein, in dem von bekannten Rockstars über moderne Videokünstler bis hin zu Jugendlichen jeder einen Platz findet. Entsprechend unterscheidet sich das Ausstellungskonzept nicht grundsätzlich von London und Rom, allerdings wirkt es in diesem einzigartigen Kulturzentrum „Dortmunder U“ fast wie eine neue Ausstellung – immerhin 350 Exponate auf rund 1.000 Quadratmetern in der sechsten Etage dieses außergewöhnlichen Gebäudes.
eclipsed: Wie viel Arbeit benötigt die Produktion/Vorbereitung einer solchen Ausstellung?
Jacobs: Wie bereits erwähnt, stand das Ausstellungskonzept ja bereits fest, als wir den Zuschlag für die Ausstellung erhalten haben. Allerdings ging die Arbeit dann erst so richtig los. Abgesehen von der logistischen Herausforderung, die ein solches Highlight mit sich bringt, LKWs mit Exponaten, Technik und Designelementen, gilt es natürlich auch, die Werbetrommel zu rühren und die Stadt für so ein großes Projekt zu begeistern. Wobei letzteres nicht allzu schwierig war. Denn sobald der Name Pink Floyd fällt, sind die Leute meistens schon auf deiner Seite.
eclipsed: In wieweit unterscheidet sich die Ausstellung über eine Rockband von anderen „normalen“ Ausstellungen?
Jacobs: Ich war ja leider nicht bei der Entwicklung der Ausstellung dabei – die übrigens im renommierten Victoria & Albert Museum in London entstanden ist. Aber ich stelle mir vor, dass die Macher eine Ausstellung erschaffen wollten, die der Vielseitigkeit und Besonderheit von Pink Floyd gerecht wird. Das ist den Machern tatsächlich mehr als gelungen. Ich würde sogar behaupten, dass es sich bei „Their Mortal Remains“ gar nicht um eine richtige Ausstellung handelt. Vielmehr betritt man die Ausstellungsräume und taucht vollständig in eine Parallelwelt ein. 50 Jahre Rockmusik – zu sehen, zu hören und zu spüren. Wahnsinn! Als ich die Ausstellung in London besucht habe, fingen einige Besucher beim großen Finale sogar an zu weinen. So eindringlich ist das Ausstellungserlebnis, so bedeutend war und ist aber auch die Band.
eclipsed: Was ist das Besondere vom Dortmunder U? Was macht es besonders für diese Pink Floyd-Ausstellung geeignet?
Jacobs: Als ich vor einigen Jahren im Dortmunder U angefangen habe, war mir zwar bewusst, dass es keine Location ist wie jede andere. Aber das, was ich seitdem hier erlebt habe, hätte ich nicht für möglich gehalten. Das ganze Haus begreift sich eher als Projekt, ist ständig im Wandel und bietet nahezu unendliche kreative Möglichkeiten. Zuletzt hat Dan Perjovschi mit Filzstiften die Innenwände verziert, während nur einige Etagen tiefer Studenten experimentelle Filme gedreht haben und dazwischen eine Ausstellung eines bekannten Künstlers zu sehen war. In welchem Museum finden Sie eine derartige Vielfalt? Dieser Spirit findet sich auch in der Ausstellung wieder, in der man Pink Floyd nicht nur hören und sehen kann, sondern gleichzeitig auch selber Musik abmischt oder virtuell inmitten eines Live-Auftritts der Band steht.
eclipsed: Gab es eine Zusammenarbeit mit der Band / Nick Mason selbst?
Jacobs: Alle Bandmitglieder waren natürlich involviert, als es darum ging, das Konzept der Ausstellung zu erarbeiten. Nur dadurch finden sich beispielsweise bisher unveröffentlichte Konzertmitschnitte und ganz persönliche Exponate der einzelnen Bandmitglieder in der Ausstellung wieder. Jetzt, in Dortmund, war die Band zwar bis jetzt nicht aktiv dabei, wir gehen aber davon aus, dass die ehemaligen Mitglieder der Band früher oder später vorbeischauen werden. Dann schließt sich auch für sie der Kreis, der 1981 auf der „The Wall“-Welttour in den Westfalenhallen seinen Anfang nahm.
eclipsed: Welches Publikum erwartet Sie? In erster Linie Pink Floyd-Fans? Was macht die Ausstellung auch für einen „normalen" Ausstellungsbesucher attraktiv?
Jacobs: Klar, wer als Pink-Floyd Fan nicht vorbeikommt, der verpasst wirklich was. Ich glaube, es gab selten eine Gelegenheit, der Band und den Menschen dahinter so nah zu sein wie jetzt in Dortmund. Aber ich weiß, was Sie meinen: Warum sollte ich als junger Mensch – Mitte 20 – eine Ausstellung besuchen, die von der Musik handelt, die meine Eltern in ihrer Jugend gehört haben? Ich glaube, die Band und ihre Alben, Auftritte und Lightshows sind audiovisuelle Meisterwerke, die einfach zeitlos sind. Dass auch die jüngeren Generationen ein Ohr und Auge für das Schaffen der Jungs haben, konnten wir zum Beispiel beim Juicy Beats Festival erleben. Da gab es den Pink Floyd Exhibition 360° Dome. Und mit „The Fall into U“ einen visuellen und klanglichen Trip der FH Dortmund durch die Welt der Band-Diskografie. Von nicht wenigen jungen Festivalbesuchern war da zu hören: Klasse Performance, wir sehen uns Mitte September im „U“ wieder.
eclipsed: Welche persönliche Verbindung haben Sie zu Pink Floyd? Sind Sie ein Fan? Wie gut kannten Sie die Band vorher?
Jacobs: Eigentlich bin ich ja fast ein bisschen zu jung für die Band. Als die ersten Alben der Band veröffentlicht wurden, war ich noch ein kleines Kind. Aber das ist ja das Besondere an Pink Floyd: Ihr Einfluss reicht viel weiter, als man vielleicht meinen könnte. Denken Sie nur an Festivals, Mode oder auch andere großartige Bands und Künstler von heute. Fast alle haben hier und da ein bisschen Pink Floyd dabei. Und auf diesem Weg bin auch ich auf die Band aufmerksam geworden. Als sich dann die Gelegenheit bot, die Ausstellung nach Dortmund zu holen, war relativ schnell klar: Das müssen wir machen.
eclipsed: Was sind für Sie die Highlights der Ausstellung?
Jacobs: Ohne übertreiben zu wollen: Eigentlich ist die gesamte Ausstellung ein einziges Highlight. Am meisten beeindrucken mich die Ausmaße. Alleine die Nachbildungen der legendären „The Wall“ und das fliegende Schwein sind unglaublich imposant. Auch der original Rohrstock des Lehrers der Band – aus der Schulzeit stammt übrigens die Idee zum späteren Welthit „Another Brick in The Wall“ – ist total beeindruckend. Man hat wirklich das Gefühl, die Jungs stehen einem gegenüber und erzählen ihre Geschichte. Dazu der unglaubliche Sound und die beeindruckenden Lichteffekte – ich kann nur sagen, es lohnt sich!
*** Interview: Bernd Sievers
Mehr Informationen: pinkfloydexhibition.de