Sechs Jahre nach seinem Tod erscheint ein erstes Album mit Songs aus dem Nachlass von J.J. CALE

3. Juni 2019

JJ Cale

Sechs Jahre nach seinem Tod erscheint ein erstes Album mit Songs aus dem Nachlass von J.J. CALE

Die meisten Manager reden von „Klienten“ oder „Künstlern“. Mike Kappus dagegen spricht von seinem „Freund“. Denn die Beziehung, die der heute 68-Jährige zu J.J. Cale hatte, war einzigartig. „Er war ein echtes Unikum“, so der in San Francisco lebende Manager und Produzent, der auch schon John Lee Hooker oder Van Morrison betreut hat. „Es war zwar oft nicht leicht, seine Geschäfte zu leiten, weil er kein Telefon hatte und kaum zu erreichen war. Aber ich schätze mich glücklich, ihn gekannt zu haben.“

Diese Lobesworte gelten einem Sänger und Gitarristen, der jahrelang unter dem Pseudonym Charles Johnson auf einem kalifornischen Campingplatz lebte, der Industrie zwischenzeitlich den Rücken kehrte, sich standhaft weigerte, Konzerte zu geben und nur noch Demoversionen seiner Songs aufnahm – meist mit Gitarre, Drumcomputer und Flüstergesang, der weit in den Hintergrund gemischt war. „Er hat eigentlich nur Vorlagen erstellt, von denen er hoffte, dass sie anderen Musikern gefallen und von diesen dann gecovert würden. Das war alles, was er wollte – er sah sich als Songwriter für andere.“
Als solcher hatte John Weldon Cale, wie er bürgerlich hieß, auch seine größten Erfolge: „After Midnight“, „Cocaine“ oder „Call Me The Breeze“ wurden Hits in den Interpretationen von Eric Clapton, Lynyrd Skynyrd, Johnny Cash, Kansas oder Bryan Ferry – während er damit unter eigenem Namen allenfalls moderate Verkäufe vorweisen konnte. „Mit der Industrie ist er nicht zurechtgekommen“, erklärt Kappus. „Er fühlte sich missverstanden und unter Druck gesetzt. Deshalb hat er zuletzt nur noch Verträge über ein Album abgeschlossen.“

Umso größer war der Respekt, den ihm Kollegen wie Mark Knopfler, Neil Young oder Eric Clapton entgegenbrachten, die seine stilistische Vielfalt und seinen eigenwilligen Sound zu schätzen wussten. Cale klang stets so tiefenentspannt, als würde er im Schaukelstuhl auf seiner Veranda komponieren, was in Kombination mit all seinen Marotten zum Mythos J.J. Cale beitrug. Neben dem Totalverweigerer zählt dazu auch der Lebemann, der am liebsten über Frauen sinnierte – über erotische Abenteuer, aber auch regelrechte Frivolitäten. „Ich habe die Hände überm Kopf zusammengeschlagen, als ich Stücke wie ‚Closer To You‘ hörte – mit Zeilen wie ‚Wish I was your underwear hanging around your waist‘. Ich dachte: ‚Das meint er doch nicht ernst?‘ Und das hat er auch nicht. Er war ein ruhiger, bescheidener, höflicher Mensch – und er hat seine Frau wirklich geliebt. Die beiden waren 36 Jahre zusammen.“

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