SIGUR RÓS arbeiten auf „Átta“ eigene Katastrophen und zugleich die der Welt auf

23. September 2023

Sigur Ros

SIGUR RÓS arbeiten auf „Átta“ eigene Katastrophen und zugleich die der Welt auf

1994 kam die vielleicht größte Postrockband auf die Welt, ausgerechnet in Reykjavík auf der dünn besiedelten Insel Island. Ihre Alben „Ágætis Byrjun“, „( )“ und „Takk...“ definierten zwischen 1999 und 2005 maßgeblich das Genre. Der elfenhafte Falsettgesang von Jón Þór „Jónsi“ Birgisson, der zudem seine Gitarre mit dem Cellobogen spielt, und die ambienthaften Klangstrukturen, die zum Sterben schöne melancholische Melodien und Entschleunigung zum zentralen Motiv machen, haben der Band eine Ausnahmestellung und glühende Verehrer verschafft. Doch nach dem Ausstieg von Kjartan „Kjarri“ Sveinsson 2013 und dem noch im selben Jahr folgenden ungewöhnlich aggressiven Werk „Kveikur“ wurde die Handbremse angezogen. Persönliche Katastrophen stellten das Weiterleben der Band in Frage: 2018 gab es den Vorwurf der Steuerhinterziehung, was in Gänze erst 2023 geklärt werden konnte.

Im September 2018 beschuldigte die Künstlerin Meagan Boyd den Schlagzeuger Orri Páll Dýrason des sexuellen Übergriffs, was zu dessen unehrenhaftem Ausstieg führte und Sigur Rós auf das Duo Birgisson und Bassist Georg „Goggi“ Hólm reduzierte. Erst mit der Rückkehr von Keyboarder Sveinsson im Februar 2022 nahm das Bandgeschehen wieder Fahrt auf, es folgten die Welttour 2022 und nun das neue Werk „Átta“ (auf Deutsch: „Acht“ für das achte Studioalbum). Birgisson, der seit einigen Jahren in den USA lebt, erklärt es so: „Ich glaube, es war so etwas wie ein Unfall. Kjartan, der seit zehn Jahren nicht mehr in der Band war, besuchte mich in L.A., und wir machten eine Art Aufnahme-Jamsession in meinem Keller. Wir hatten meine Gitarre mit Cellobogen und Effekten, er mietete ein Yamaha CP-70, und so begannen wir zu spielen.“ Als erste Single des Albums fungiert „Blóðberg“: „Das bedeutet ‚kriechender Thymian‘. Es sind diese kleinen Kräuter, sie wachsen im isländischen Hochland, sind hübsch rosa und duften stark. Es ist also schön, mit diesen extrem rosafarbenen, leuchtenden Kräutern das Gegenteil der trostlosen, farblosen isländischen Natur zu sehen …“

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