SIMON McBRIDE - Gitarrenkämpe alten Schlags

10. November 2022

Simon McBride Deep Purple

SIMON McBRIDE - Gitarrenkämpe alten Schlags

Es hatte sich bereits abgezeichnet. Deep Purple wirkten in den letzten Jahren etwas müde, ihre Kracher kamen nicht mehr mit derselben Kraft rüber wie in den vergangenen Jahrzehnten. Als Gitarrist Steve Morse sich im Juli dieses Jahres eine Auszeit nahm, um seiner an Krebs erkrankten Frau zur Seite zu stehen, holte die Band als Ersatz den 43-jährigen Nordiren Simon McBride ins Boot – und erhob sich in der Folge wie ein Phönix aus der eigenen Asche. Seit September ist es nun offiziell, dass McBride kein Lückenfüller, sondern nach Ritchie Blackmore, Tommy Bolin und Steve Morse der vierte offizielle Gitarrist von Deep Purple ist (sofern man Joe Satriani nicht mitzählt, der 1993/94 mit der Band tourte). Sein im Mai erschienenes neues Soloalbum heißt „The Fighter“, und entsprechend dem Titel betätigt McBride sich nicht nur darauf als „Kämpfer“ für den klassischen Hardrock der 70er. Das folgende Interview wurde exklusiv mit eclipsed einen Monat vor der Verkündung seiner offiziellen Purple-Mitgliedschaft geführt.

eclipsed: Du hast kürzlich dein Soloalbum „The Fighter“ veröffentlicht. Dieser schnörkellose 70s-Hardrock war ja angesagt, als du noch gar nicht geboren warst.

Simon McBride: Ich bin in gewisser Weise oldschool. Ich kann das nicht erklären. Ich spiele, was ich bin, und das ist ein Produkt meiner Einflüsse. Was immer mich irgendwann inspiriert hat, kommt in meiner Musik zum Ausdruck. Bezüglich dieser Platte sagte mir die Plattenfirma: „Mach, was immer du willst.“ Und ich dachte mir: „Gut, dann mache ich, was ich will.“ Ich habe nichts ausprobiert, mir nicht gesagt, es sollte mehr Blues oder Rock sein. Ich wollte nichts erzwingen, nichts richtig machen, habe überhaupt nicht darüber nachgedacht. Es war so organisch wie möglich, und so soll es sein. Musiker spielen Musik, das ist alles.

eclipsed: Ist die alte Schule nicht die neue Schule? Ich habe den Eindruck, der Bedarf an dieser Art Musik wächst wieder.

McBride: Alte Schule, neue Schule – das ist doch völlig egal. Was zählt, sind die Songs. Wenn die Songs gut sind, werden die Leute sie hören wollen. Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, dass mehr als 90 Prozent aller Menschen, die Musik hören, keine Musiker sind. Sie haben keine Ahnung von Virtuosität oder Technik. Es interessiert sie nicht, was ich auf meiner Gitarre mache. Sie wollen gute Melodien hören. In der alten Musik scheint etwas mehr Freiheit zu stecken, deshalb ist sie für viele Menschen attraktiver.

eclipsed: Nun trägst du diesen Geist auch zu Deep Purple, den Helden des Oldschool-Spirits, zurück.

McBride: Ich liebe dieses Purple-Zeug seit meiner Kindheit. Ich konnte es gar nicht oft genug hören – auch Bands wie Led Zeppelin oder Black Sabbath. Das hat mich geprägt. Aber ich spiele, wie ich spiele. Ich bringe meinen Vorgängern Ritchie Blackmore, Tommy Bolin, Joe Satriani und Steve Morse viel Respekt entgegen. Wenn ich Ritchies Parts spiele, versuche ich, so dicht wie möglich an ihm zu bleiben, denn ich will nicht so tun, als könnte ich es besser machen. Das wäre nicht nur arrogant, das Publikum würde mich auch kreuzigen. Aber es gibt auch Songs, in denen ich mehr Raum und Freiheit habe und ein wenig experimentieren kann. In manchen Songs setze ich bei dem an, was Ritchie gemacht hat, und mixe es mit meinen eigenen Improvisationen. Dasselbe trifft auf Steves Songs zu. Aber selbst wenn ich versuchen würde, Steve oder Ritchie zu imitieren, klänge ich immer noch wie ich selbst. Ich kann nicht ändern, wer ich bin. Aber das Purple-Zeug liegt mir, es macht Spaß. Die Jungs spielen gut und unterstützen mich in hohem Maße.

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