Mit WAYNE SHORTER verliert der Jazz eine seiner einflussreichsten Figuren

2. Mai 2023

Wayne Shorter

Mit WAYNE SHORTER verliert der Jazz eine seiner einflussreichsten Figuren

Ob er seinen Frieden im Outer Space gefunden hat? Soweit bekannt, spielte der Saxophonist Wayne Shorter niemals mit Sun Ra, aber mit dessen Idee des Afrofuturismus, der Verbindung afrikanischer Mythen mit Science Fiction und der Wahrheit in den unendlichen Weiten des Orbits, konnte er sich schon früh anfreunden. Mit seinem Mammutwerk „Emanon“, einer Kombination von SciFi-Comic und Dreifach-CD, krönte er 2018 seine afrofuturistische Weltsicht, die ansonsten in seiner Musik weniger zum Tragen kam als in Interviews. Fragte man ihn zum Beispiel, wie er seinen lang jährigen musikalischen Partner Joe Zawinul kennengelernt habe, konnte er durchaus 45 Minuten über Außerirdische schwadronieren, die vor vier Millionen Jahren die Erde heimgesucht und die Grundlagen für die Menschheit gelegt hätten. Hakte man nach, ließ er sich gern über U-Boote in Harlem aus und trieb seine Gesprächspartner nicht selten in den Wahnsinn, dem er selbst schon längst verfallen schien. Aber weit gefehlt. Wayne Shorter wusste genau, was er wollte. Es war nur nicht immer das, was sein Gegenüber wollte.

Doch beginnen wir mit dem Anfang. 1933 geboren, spielte er Ende der 1950er Jahre in der Band von Maynard Ferguson, wo er den Österreicher Joe Zawinul kennenlernte. Dort wurde ihm auch der Spitzname Mr. Gone verpasst, der Jahrzehnte später Titel eines Albums von Weather Report werden sollte. 1959 heuerte er bei Art Blakey & His Jazz Messengers an. Als Miles Davis durch John Coltrane auf den Youngster aufmerksam wurde, konnte Blakey ihn nur halten, indem er ihn zum musikalischen Leiter der Jazz Messengers machte. In einem Interview, das ich ohne jeden Bezug auf Aliens wenige Monate vor seinem Tod mit dem sehr aufgeräumten 88-Jährigen führen konnte, erzählte Shorter von einem Gespräch, das er 1959 mit Lee Morgan, dem damaligen Trompeter der Messengers, hatte: „Wir sagten uns damals: ‚Lass uns so viele Takes wie möglich aufnehmen, denn in 20 Jahren wird es keinen Jazz mehr geben. Wir müssen tun, was wir können, um so viel von dieser Musik wie möglich zu hinterlassen.‘“

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