DEEP PURPLE - Reise in die Unendlichkeit

22. März 2017

Deep Purple

Deep Purple gehören zu diesen Bands, die einfach nicht aufhören können. Das mag die einen freuen, die anderen eher mit Mitleid erfüllen. Zumindest war es lange Zeit so. Mittlerweile haben zwei Mitglieder der 1968 gegründeten Gruppe die siebzig überschritten, zwei anderen steht dieses Ereignis im kommenden Jahr bevor. Gitarrist Steve Morse macht sich mit seinen zweiundsechzig Lenzen wie ein Jungspund unter den seinen Kollegen aus. Von Alterszipperlein ist auf Purples neuer CD „Infinite“ indes nichts zu hören. Mit Kraft und Esprit kämpft sich die schlachterprobte Truppe durch zehn Songs, von denen sicher nicht alle das Zeug zum Klassiker haben, einige sich aber zumindest schmerzfrei zwischen die Zugnummern der Band einreihen lassen.

Auffällig ist der kompakte Sound, der vor allem von Don Aireys Keyboards, Ian Paices Schlagzeug und Ian Gillans überraschend kraftvollem Gesang dominiert wird. Die Band hatte Spaß, und das obwohl der Drummer kurz zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte und vorübergehend eingeschränkt war. Auch davon ist auf „Infinite“ nichts zu hören. „Zunächst einmal schien es, als würden wir genau die gleiche Formel ansetzen wie beim letzten Album“, erzählt Steve Morse. „Aber dank Produzent Bob Ezrin wurde dann etwas ganz anderes daraus. Er holte Dinge aus der Band heraus, die wir selbst nicht für möglich gehalten hatten. Speziell auf Ian Gillan traf das zu. Bob hatte zahllose Ideen und war praktisch in jeden Vorgang der Produktion involviert. Er hatte eine klare Vision und wusste sie auch mit der Band umzusetzen. Alles in allem ist dieses Album der Beweis dafür, wie viel ein guter Produzent an einer Platte ausrichten kann.“

Sechstes Bandmitglied

Bob Ezrin ist zum zweiten Mal mit den Hardrockdinosauriern im Studio. Einen Namen hatte sich der Kanadier Anfang der Siebzigerjahre als Produzent von Lou Reed und Alice Cooper gemacht. Seine erfolgreichste Arbeit war Pink Floyds „The Wall“. Schon für den „Infinite“-Vorgänger „Now What?!“ hatte er 2013 Passables geleistet, nur war da das Material weit weniger spannend als auf „Infinite“. Woran Ezrin selbst einigen Anteil hat, wie Morse erzählt: „Bob hat von uns auch Credits als Songwriter bekommen, denn er war dafür verantwortlich, dass in den Songs ganze Parts verändert oder ausgetauscht wurden. Wenn er einen Part nicht mochte, hat er uns das ganz klar gesagt. Selbst auf meine Gitarrensoli hatte er Einfluss. Ich habe viel improvisiert, doch er intervenierte und meinte, ich solle nicht spielen, wie ich das gewohnt bin, sondern einfacher oder melodiöser. Dabei agierte er durchaus mit dem Selbstverständnis eines sechsten Mitglieds.“

Bassist Roger Glover, mit Unterbrechungen seit 1969 bei Deep Purple und selbst streckenweise nicht immer ganz glücklicher Produzent der Band, weiß Ezrins Rolle für das Album besonders zu schätzen. „Bob ist sehr wichtig, wenn es um Entscheidungen geht. Uns über eine Tonart zu einigen, kann Stunden dauern. Er kommt rein, schnippt mit dem Finger und sagt: Cis. Durch ihn haben wir viel Zeit gespart. Bob ist auch ein Songwriter. Er sah sich die Texte an und machte uns darauf aufmerksam, was funktioniert und was nicht. Ebenso legte er Hand an die Arrangements. Das forderte uns natürlich umso mehr heraus, unser Bestes zu geben.“

Lest mehr im eclipsed Nr. 189 (04-2017).