DONNY MCCASLIN - Der perfekte Blowjob

30. November 2018

Donny McCaslin David Bowie

DONNY MCCASLIN - Der perfekte Blowjob

Donny McCaslin ist seit seiner Mitwirkung an David Bowies Albumvermächtnis „★“ einer der angesagtesten Saxofonisten der USA. Wichtige Erfahrungen sammelte der 52-jährige Berklee-Absolvent bei Jazztrompeter Dave Douglas und im Maria Schneider Orchestra. Seit seinem Soloalbum „Casting For Gravity“ hat McCaslin einen eigenständigen Stil entwickelt, der aus Fusion, Artrock und Electronic Dance Music schöpft. Noch einen Schritt weiter geht er mit seinem jüngsten Werk „Blow.“, auf dem er auch Einflüsse aus dem Alternative Rock aufgreift.

Wir erreichen Donny McCaslin in Salzburg, wo er zwei Konzerte im Rahmen des „Jazz & The City“-Festivals gibt. Auf die Frage, ob er schon das Mozarthaus und die Festung Hohensalzburg besucht habe, antwortet er: „Ich habe ein bisschen Sightseeing gemacht, habe aber auch versucht, zur Ruhe zu kommen und zu üben.“ Im Gespräch kommt die Rede öfters auf David Bowie. McCaslins einstiger Mentor ist mitverantwortlich dafür, dass er auf „Blow.“ furchtlos seine eigenen künstlerischen Visionen realisiert hat. Oder wie er selbst sagt: „Kreativ gesehen ist für mich jetzt alles möglich.“

eclipsed: Welche Horizonte hat dir die Bowie-Kollaboration eröffnet?

Donny McCaslin: Das Ganze war eine tiefgreifende Erfahrung, denn David verkörperte die Ideale, die ich als Künstler anstrebe. Er sagte zu mir: Mach dir keine Sorgen, wie die Leute deine Musik klassifizieren, sondern versuch’ einfach Spaß zu haben! Ich hatte dann ein paar Jahre Zeit, um diese Erfahrungen zu verarbeiten – für mich war das eine schleichende Erleuchtung, die mich in kreativer Hinsicht befreit hat. Im Falle von „Blow.“ war mir anfangs unklar, wohin es gehen sollte; ich hatte Angst, dass die Menschen sagen würden, auf dieser Platte sei zu viel Alternative Rock oder zuviel Artrock. Auch als das Material allmählich Form annahm, fühlte ich mich manchmal noch unwohl, doch ich erinnerte mich an David, der mal gesagt hat: Wenn du dich als Künstler unwohl fühlst, dann bist du auf was Interessantes gestoßen. Aber wenn du dich wohlfühlst, dann pass’ auf!

eclipsed: Seit deinem ersten Album „Exile And Discovery“, das noch im zeitgenössischen Jazz verwurzelt war, hast du dich enorm weiterentwickelt. Wann hast du zum Beispiel gemerkt, dass Elemente aus der Electronic Dance Music deine Musik entscheidend weiterbringen könnten?

McCaslin: Das EDM-Fenster öffnete sich während der Tour zu „Perpetual Motion“. Mein damaliger Produzent David Binney und meine Mitmusiker Tim Lefebvre und Mark Guiliana ermutigten mich seinerzeit, ein paar elektronische Sachen auszuchecken, und schon bald nahm mich dieses Klanguniversum gefangen. Hinzukam, dass ich in den letzten zwei Jahren viel auf Tour war und irgendwann merkte, dass ich eine Platte mit Gesang machen will. „Blow.“ läutet dabei ein neues Kapitel ein. Mit Steve Wall hatte ich einen neuen Produzenten, und der ganze Schreibprozess war anders: Es gab gemeinsame Schreibsessions, und obwohl ich keine Texte beisteuerte, kriegte ich doch mit, wie die Texte entstanden. Im Falle von „Club Kidd“ erzählte ich Ryan Dahle die Hintergrundstory und wie ich mir diesen Charakter vorstelle.

eclipsed: Wobei du selbst das „Club Kidd“ warst…

McCaslin: Stimmt. Als ich aufs College ging, lag der Fokus auf Musiktheorie und der Vermittlung vieler Informationen – was toll war. Aber mein damaliger Mitbewohner nahm mich mit in die Tanzclubs von Boston, und das half mir, die schulische und die emotionale Seite der Musik miteinander zu verbinden. Das war ein Schlüsselmoment.

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