CARPET - Elysian Pleasures

Kategorie: CD-Reviews | Genre: Artrock | Heft: Jahrgang 2013, eclipsed Nr. 151 / 6-2013 | VÖ-Jahr: 2013 | Wertung: 8/10, Album des Monats | Label: Elektrohasch | Autor: BSV


Mitte Mai 2013: Die Carpet-Homepage verweist nur mit wenigen schwarzen Buchstaben auf weißem Grund auf Facebook und Soundcloud, dazu eine E-Mail-Adresse, drei Konzerttermine (einer davon bereits vorbei) und den Preis für das Album. Mehr nicht. Schlicht und einfach. Schlicht und einfach ist aber genau dieses Album nicht. „Elysian Pleasures“ heißt es. Himmlische Freuden bereitet es tatsächlich, denn es ist die pure Lust am Spielen, die einem hier entgegenprallt. Es ist eine Verquickung von so vielen verschiedenen Stilen und Elementen, dass man vor lauter Staunen nur den Hut ziehen kann. Vor allem, weil die Mischung so unaufdringlich und natürlich erscheint, geradezu wie vom Himmel gefallen. Henry Fool haben kürzlich mit „Men Singing“ einen ähnlichen Ansatz verfolgt. Auch Botanica gehen gleichermaßen eklektisch zu Werke. The Notwist wandern ähnlich experimentell zwischen Pop, Jazz und Avantgarde. Doch Carpet sind anders. Wer sind Carpet überhaupt? Die Band wurde 2009 vom Augsburger Maximilian Stephan gegründet. Sie ist mittlerweile zu einem Quartett angewachsen, dessen Instrumentarium neben den üblichen Rockutensilien noch Klarinette, Mellotron, Xylofon, Akkordeon sowie diverse exotische Percussion und Blasinstrumente (gespielt von Gastmusikern) umfasst. Carpet haben „Elysian Pleasures“ in Eigenregie erschaffen. Lediglich Mix und Mastering lagen in fremden Händen. Angesichts der Qualität des Albums und des plötzlichen Erscheinens der Band in der Musikszene mogelt sich der Begriff „Wunderkinder“ ins Bewusstsein, ähnlich wie es vor einigen Jahren bei Konstantin Gropper und seiner Band Get Well Soon der Fall war. Nichts wird ausgelassen: Dreampop à la Mercury Rev (im Opener und Titelsong), spielerische Eleganz wie bei Joe Jackson, dann krachende Gitarren („Nearly Four“), immer wieder jazzige Trompeten- oder Gitarrensoli (z. B. „Man Changing The Atoms“, „Smoke Signals“). Auch die Orgel darf mal ran. Die acht Tracks beherrschen das Wechselspiel aus träumerischem Schwelgen und dramatischem Aufruhr. Hier ein Synthesizer wie ein Minimoog, dort ein Flügelhorn. Hier aufgeregter Rock in Opposition („Birds Nest“) wie bei Univers Zéro, dort relaxtes Sich-treiben-lassen. Das Album gleicht einem Soundtrack zu einem Film, der beständig das Genre wechselt: von der Komödie über den Horrorfilm zum Sozialdrama (besonders im 13-minütigen „For The Love Of Bokeh“). Ein Song ist so schön wie der andere. Bei all dieser Arrangierkunst glücken der Gruppe auch eingängige Melodien und ebensolche Grooves. Und das mit ihrer Homepage kriegt sie auch noch hin.

Top-Track: For The Love Of Bokeh

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