DER NEUE KRAUTROCK

Keiner hat eine genaue Definition, aber alle wissen, was gemeint ist, wenn von Krautrock die Rede ist. „Krautrock ist keine Musikrichtung, sondern eine Bezeichnung für eine Phase: 1969 bis 1974“, erklärt Dirk Jan Müller von der Band Electric Orange. „Krautrock kann alles sein. Am spannendsten war er, wenn er nicht angloamerikanisch geprägt war.“ Genau diese Eigenständigkeit verkörpern Bands wie Faust, CAN, Amon Düül II, Popol Vuh, Guru Guru oder Kraan, die eine für hiesige Verhältnisse unbekannte kreative Unbekümmertheit an den Tag legten. Tom Redecker von The Perc Meets The Hidden Gentleman bezeichnet Krautrock als „den einzigen Beitrag Deutschlands zum weltweiten Phänomen der Rockmusik“. Freilich, Krautrock ist breitgefächert: Elektronik von Kraftwerk oder Tangerine Dream; Artrock von Eloy, Jane oder Grobschnitt; anarchistischer Folk von Witthüser & Westrupp.

TANGERINE DREAM - Phaedra Phierzig Pharewell

Wien, einer der ersten Frühlingstage nach einem milden Winter. In einem altehrwürdigen Café auf dem Ring sitzt der Mann, der vor vierzig Jahren mit „Phaedra“ die Musikgeschichte auf den Kopf gestellt hat. Die Jahre haben ihre Spuren im Gesicht von Edgar Froese hinterlassen, seine unbändige Lust am Fabulieren, Experimentieren und Provozieren hat jedoch keinen Schaden genommen. Musik war und ist für ihn niemals Selbstzweck. Froese will den Dingen auf den Grund gehen und alles in einen großen Weltzusammenhang stellen. Links und rechts von seinem Tisch palavern Diplomaten und Wirtschaftsmagnaten über die Zukunft Europas, Froese indes lässt den Blick unsentimental in Vergangenheit und Zukunft schweifen, um gut gelaunt über ein großes Abenteuer zu plaudern.

eclipsed: „Phaedra“ ist ein Album, das in jeder Lebenssituation, Umgebung oder Ära neu Form und Gestalt annimmt. Wie entsteht eine solche Platte?

LED ZEPPELIN - Whole Lotta Phallus

Vor allem war es purer Sex. Neben Jimmy Pages allgegenwärtiger Gitarre und dem urgewaltigen Schlagzeug John Bonhams schien er die treibende Kraft im Kosmos von Led Zeppelin zu sein. Ihr hochpotenter und vor Energie pulsierender Hardrock wirkte auf das Publikum der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre wie ein dauererigierter Penis. Und nicht wie ein kleiner. Die Jungs waren neidisch, die Mädels erschauderten, fielen in Ohnmacht oder jauchzten – je nach Temperament und moralischer Disposition. Es war aufregend.

CARLOS SANTANA - Nummer 4 lebt!

Nach dem kreativen Paukenschlag „Caravanserei“ kam es 1972 zur endgültigen Trennung des klassischen Santana-Line-up. Wobei Carlos Santana weder der Typ ist, der irgendetwas bedauert, noch künstlerische Differenzen aufs Private ausdehnt. So hat er über die Jahre ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen einstigen Weggefährten gepflegt: Wo immer er auf frühere Mitglieder seiner Band traf, umarmte er sie herzlich, plauschte mit ihnen und lud sie zu einem gemeinsamen Jam ein. Trotzdem hat es über vierzig Jahre gedauert, ehe sich alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt und über neue gemeinsame Projekte sinniert haben.

IAN ANDERSON - Tull grenzenlos

Zum dritten und definitiv letzten Mal nach den beiden „Thick As A Brick“-Alben lässt Ian Anderson mit „Homo Erraticus“ (Review in eclipsed 4/2014) sein Alter Ego Gerald Bostock zu Wort kommen. Dieser bezieht dabei wieder Stellung zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Warum ihn derzeit besonders das Thema Migration bzw. Immigration umtreibt, erzählt der Jethro-Tull-Chef im eclipsed-Interview.

eclipsed: Ist „Homo Erraticus“ dein bislang politischstes Album?

Unverwüstlich - JACK BRUCE

Jack Bruce hat ein Spätwerk vorgelegt, das unterstreicht, warum der Schotte zu den größten Bassisten und Sängern der Musikgeschichte zählt. „Silver Rails“ pendelt locker zwischen Hardrock, Blues und Jazz und strotzt vor Energie. eclipsed hat den 70-Jährigen auf seinem Landsitz im südenglischen Devon besucht.

eclipsed: „Silver Rails“ hat eine imposante Gästeliste, die auch Phil Manzanera und Robin Trower umfasst.

Jack Bruce: Stimmt. Mit Robin habe ich drei oder vier Alben in den Achtzigern gemacht. Das letzte war „Seven Moons“, ein wirklich gutes Bluesrockalbum. Mit Phil war ich vor ein paar Jahren auf Kuba, was wahnsinnig interessant war. Phil verbrachte ja seine Kindheit auf Kuba. Er war während der Revolution dort und musste mit seinen Eltern fliehen. Von daher war es sehr spannend, mit ihm an diesen Ort zurückzukehren und in Erinnerungen zu schwelgen.

eclipsed: Warum Uli Jon Roth und nicht Eric Clapton?

GAZPACHO - Dämonisches Prag

Die Geschichte, die Thomas Anderson zum neuen Album erzählt, klingt aufregend und gruselig. Der Musiker erinnert an einen Märchenonkel, wenn er ansetzt, um uns in die Welt eines Dämons zu geleiten: „Mein Vater hat früher in Prag bei einer internationalen Firma gearbeitet. Dort hat man ihm die Geschichte eines Manuskripts erzählt, das in einer verlassenen Wohnung gefunden worden war: In diesem behauptet ein Mann, viele hundert Jahre alt zu sein und einen Dämon zu jagen, der auf der ganzen Welt sein Unwesen treibt. Es sei aber nicht irgendein Dämon, sondern die Verkörperung des Bösen schlechthin, das überall lauert. Und der Mann hat diesen Dämon gefunden. Kurz darauf ist er jedoch spurlos verschwunden und hinterließ nur dieses Manuskript.“

MESSENGER - Das Mysterium der Schöpfung

Der Albumtitel „Illusory Blues“ ist vielsagend. Immerhin haben die sieben luftig arrangierten Songs mit Blues herzlich wenig zu tun. Vielmehr will das Kerntrio Khaled Lowe, Barnaby Maddick und Jaime Gomez Arellano mit seiner Musik zeigen, wie man die eigenen Sorgen – den „Blues“ – produktiv nutzen und dadurch neue Kraft schöpfen kann. Ihnen selbst ist das auf eindrucksvolle Weise gelungen. Im Interview sprachen die Briten, die im Studio und auf der Bühne von Dan Knight (g, keys) und James Leach (b) unterstützt werden, über ihre musikalischen Wurzeln, die Botschaft ihrer Texte sowie über den Spirit der Siebzigerjahre, den sie mit ihren Songs einfangen wollen.