JESS AND THE ANCIENT ONES - Am Ende immer auch ein wenig Licht

Mit seinem vierten Album „Vertigo“ sorgt das Quintett aus dem finnischen Kuopio gerade für Furore: ein wunderbarer Mix aus 70er-Rock, okkulten Elementen und, ja, Pop. Wir sprachen mit Bandgründer, Songwriter und Gitarrist Thomas Corpse über seine Heimatstadt, ihre Musikszene und seine große Leidenschaft für eingängige Melodien, die er jedoch immer wieder gern mit einer Schicht Dunkelheit überzieht.

eclipsed: Die Band kommt ja aus der finnischen Stadt Kuopio. Kannst du uns etwas über die dortige Musikszene erzählen?

LUMP - Ein seltsames Tier

Laura Marling und Mike Lindsay sind zusammen LUMP. Begonnen als reines Spaßprojekt, entwickelt das musikalisch schwer auszurechnende Psychedelic-Electro-Folk-Pop-Duo zunehmend ein aufregendes Eigenleben. Das zweite Album heißt „Animal“ und sucht auf originelle Weise seinesgleichen. Die beiden haben nicht so furchtbar viel gemeinsam: Hier die kommerziell erfolgreiche und von der Kritik hochgelobte Folksängerin Laura Marling, die sich in ihrer knappen Freizeit seit einigen Jahren auch noch einem Masterstudium der Psychoanalyse widmet. Dort Mike Lindsay, Studio-Nerd und Co-Mastermind der Avantgarde-Folktronica-Truppe Tunng, deren komplexe, oft von Tasteninstrumenten wie Moog-Synthesizern geprägte Musik bei einer vergleichsweise überschaubaren Hörerschaft Zuspruch findet.

FARGO-PEDDER KNORN feiert das zweite Album nach der Reunion und sein neues Buch

„Oh, Mist, ich hab dich ganz vergessen. Aber ich bin zu Hause, also können wir reden“, begrüßt mich Peter „Fargo-Pedder“ Knorn etwas irritiert am anderen Ende der Telefonverbindung in Hannover. „Ich war gerade dabei, die Basslinien von älteren Songs  herauszuhören. Aber damit kann ich nachher weitermachen ...“ Erstaunlich, muss Herr Knorn, der 1973 mit Jugendfreunden Fargo gründete, doch zumindest in seinem Zweitjob als Manager (u. a. für UFO) doch sehr organisiert sein. 
Mit „Fargo-Peterchens Mondfahrt“ ist eben sein zweites Buch erschienen.

Die Slowcore-Band LOW lotet die Grenzen zwischen Tradition und Futurismus aus

Low

Mit ihrem letzten Album „Double Negative“ haben die Slowcore-Pioniere Low einen völlig neuen Weg eingeschlagen. Die verzerrte Schönheit ihrer Songs setzte nicht nur einen markanten Kontrapunkt zur glatt polierten Instagram-Welt unserer Tage, sondern auch zum Defätismus aktueller Noise-Produktionen. Damals war von Corona und Lockdown noch keine Rede, aber Low schienen die Ereignisse in ihrer Musik vorwegzunehmen. Das neue Album „Hey What“ setzt den Dualismus von „Double Negative“ nun unter völlig veränderten Prämissen fort. „Wir leben in einer verzerrten Gesellschaft“, erklärt Gitarrist und Sänger Alan Sparhawk.

ROGER CHAPMAN liefert ein Comeback-Album allererster Güte ab

Nach zwölf Jahren Pause überrascht Roger Chapman mit „Life In The Pond“, einem Album, das textlich und musikalisch auf Vielfalt setzt. Auch mit 79 Jahren strotzt „Chappo“ nur so vor Kraft und steht voll im Saft. Das beweist er (auch) im eclipsed-Interview.

eclipsed: Seit 2009 („Hide Go Seek“) gab es kein Soloalbum mehr von dir. Hat dein alter Family-Kumpel Poli Palmer dich überredet, ins Studio zu gehen?

Roger Chapman: Es brauchte keine großen Anregungen. Es ist einfach passiert. Ende 2019 traf ich Poli in einem Studio in der Nähe meines Wohnortes. Ich fragte, ob er ein paar neue Songentwürfe von mir hören wolle. Das funktionierte dann so gut, dass wir von dort aus weitermachten.

eclipsed: Hat dir die Covid-Zwangspause Zeit verschafft, Songs zu schreiben?

Die Aufnahmen zum dritten Album waren für Düsterpoet JOHN MURRY die reine Freude

Wenn man den Mann aus dem US-Bundesstaat Mississippi nach seinen musikalischen Einflüssen fragt, reist man mit ihm, dem geborenen Erzähler, zunächst zurück in das Städtchen Tupelo in den 1980er Jahren. Hier, im Geburtsort von Elvis Presley, sammelte Murry, der mittlerweile in Irland lebt, seine ersten musikalischen Erfahrungen. „In dieser Gegend gab es sehr viele Kirchen. Ich ging auch regelmäßig zum Gottesdienst, außerdem sang ich im Kirchenchor, der fast jeden Tag probte. Zu Hause sang ich zusammen mit meiner Ma, während sie den Haushalt schmiss. Ich wuchs mit Kirchenmusik und Gospel auf.“ Ein echtes Aha-Erlebnis war für den jungen Murry dann ein Tom-Petty-Gig: „Die ersten Shows, zu denen ich ging, waren Country-Konzerte in der Gegend, nicht schlecht. Als ich dann aber zum ersten Mal Tom Petty sah, war das der Hammer. Ich dachte: Wow, der Typ sieht merkwürdig aus. Ich sehe merkwürdig aus. Das alles klingt etwas merkwürdig. Aber das ist der coolste Typ, den ich je gesehen habe!

Der schottische Drummer GRAHAM COSTELLO folgt der Logik zwischen Extremen

Die Jazzbegeisterung in Schottland ist seit jeher groß, doch seit Jack Bruce hat die Nordhälfte Großbritanniens keinen Jazzmusiker von Rang mehr hervorgebracht. Das soll sich jetzt ändern, denn mit dem Drummer, Komponisten und Bandleader Graham Costello und seinem Umfeld stellt sich der schottische Jazz völlig neu auf. Allerdings fremdelt der Glasgower mit dem Begriff Jazz. „Ich greife nicht wirklich gern auf das Wort Jazz zurück. Meine Musik hat weder etwas mit Swing zu tun noch mit dem typischen Jazzreflex, auf einem kurzen Thema lange Improvisationen aufzubauen. Die ganze Jazztradition ist für mich völlig irrelevant. Ich sehe mich als Komponisten, der sich eher an Noise und Minimal Music orientiert. Bevor ich meine Band Strata gründete, hatte ich selbst in einer Noise-Rock-Band gespielt. Kategorien wie Jazz und Rock gehören für mich aber der Vergangenheit an. Frühere Generationen mögen sie benötigt haben, für mich hingegen sagen sie nichts mehr aus.“

Das Label HYPERTENSION MUSIC hält traditionell die Independent-Fahne hoch

Es gibt sie weiterhin, die vielbeschworene „Independent-Szene“: In Deutschland steht dafür seit den späten 80ern die unabhängige Hamburger Firma Hypertension Music. Dahinter verbirgt sich nicht nur ein hauseigenes Label, sondern auch eine Konzert- und Künstleragentur.

Flashback ins Jahr 1988. Der Hamburger Christian Thiel und seine (Lebens-)Partnerin Irene Bodschwinna sind große Anhänger von Singer-Songwriter-Klängen, haben jedoch Mühe, in Deutschland Scheiben etwa von Paul Brady, Rick Vito oder The Bacon Brothers zu bekommen. Das funktioniert in jener Zeit beinahe ausschließlich über Auslandsbestellungen. „Irene und ich gingen davon aus, dass andere einheimische Fans dieser Musikrichtung ähnliche Probleme hatten, an den Stoff ihrer musikalischen Helden zu kommen“, erinnert sich der heute 64-jährige Thiel. „Also gründeten wir einen Import-Service für US- und UK-Folk.“ Damit war Hypertension geboren.