MARK KNOPFLER - Abschied vom Rummelplatz

2. April 2024

Mark Knopfler Dire Straits

MARK KNOPFLER - Abschied vom Rummelplatz

Sechs Dekaden Livemusik seien genug, meint MARK KNOPFLER. Ab sofort will sich der 74-Jährige der reinen Studioarbeit widmen. Ein Tribut an seine Gesundheit, seine Ehe, aber auch Folge einer veränderten Industrie, die ihm so gar nicht gefällt. Das zehnte Soloalbum des Altmeisters, „One Deep River“, ist denn auch die Antithese zur musikalischen Gegenwart – genau wie er selbst.

Von der schnellen Truppe war er noch nie: Mark Knopfler ist ein eher ruhiger, bedächtiger Mensch. Einer, der ewig braucht, um seine Gedanken zu formulieren – und dann immer wieder abbricht, um in eine andere Richtung zu gehen bzw. schlichtweg den Faden zu verlieren. Das ist 2024 schlimmer denn je: Das ehemalige Mastermind der Dire Straits ist in den sechs Jahren seit seinem letzten Lebenszeichen „Down The Road Wherever“ merklich gealtert. Mit dicker Hornbrille und fülligem Körpervolumen sinniert er beim eclipsed-Interview in London über seine Gesundheit, seine neuen Songs, die heutige Welt und seine Zukunftspläne.

eclipsed: Mark, bis zur Pandemie hast du alle zwei Jahre ein neues Album veröffentlicht. Das neue hat dagegen sechs gedauert. Hat dich Covid ausgebremst? Oder wie viele Songs hast du in der Zeit geschrieben?

Mark Knopfler: Eine Menge. Damit ließen sich glatt ein paar Alben füllen. Aber ich habe mich drei Mal mit Covid infiziert – einmal richtig übel. Deshalb fiel mir das Gitarrespielen nicht leicht – und darunter leide ich immer noch. Außerdem habe ich viele Freunde verloren. Aber das schlimmste war, dass uns die Pandemie ein paar Lebensjahre geklaut hat. Das ist es, was mich am meisten ärgert – die verlorene Zeit.

eclipsed: Hast du deshalb „Ahead Of The Game“ geschrieben – eine Hommage an die Livemusik und das Zusammenspiel einer Band in einem Raum?

Knopfler: Es gibt nichts Besseres – und daran wird sich nie etwas ändern. Ich habe einen guten Kumpel, der seinen Lebensunterhalt mit einer Coverband verdient, die nur Hits spielt. Er hat so viel Arbeit, dass er kaum hinterherkommt, denn in England ist das extrem angesagt. Die Leute gehen aus, um ein paar Drinks zu nehmen, ein paar Hits mitzusingen und ein bisschen zu tanzen. Ich finde das toll. Das Einzige, was mir Sorgen macht: Für viele Musiker scheint das Covern die einzige Möglichkeit zu sein, um finanziell über die Runden zu kommen. Eben weil die Konkurrenz so groß und die Bezahlung so schlecht ist. Mir hat mal jemand erzählt, wie viele Songs täglich auf Spotify hinzugefügt würden – das ist der Wahnsinn.

eclipsed: Also nicht zu vergleichen mit deinen Anfangstagen?

Knopfler: Definitiv! Ich stelle es mit heute unglaublich schwer vor, das zu erreichen, was uns damals relativ schnell gelungen ist: Der Sprung von den kleinen Clubs in die Stadthallen und Theatersäle. Das war der Lauf der Dinge, an dem keiner vorbeikam. Nur: Wollte man sich heute in diesem Zirkel hocharbeiten, müsste man wohl gratis spielen – weil die Leute nur noch Geld für Superstars ausgeben. Und ich weiß nicht, woher junge Bands das Geld zum Tanken nehmen. Wahrscheinlich verschulden sie sich über beide Ohren – nur um ihre Musik auf die Bühne zu bringen. Dabei sollte das Live-Ding doch das sein, was dich am Leben hält. Plattenverkäufe sind es bestimmt nicht – weil die Kids keine Alben mehr kaufen. Ich selbst toure zum Beispiel gar nicht mehr. Insofern kann ich nur hoffen, dass ich zumindest etwas durch Airplay verdiene.

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