Mani Neumeier, bald stolze 84 und Gründer der vor exakt 56 Jahren ins Leben gerufenen Formation Guru Guru, ist ein Mann mit vielen Gesichtern: begnadeter Schlagzeuger, begeisterter Free-Jazz-Musiker, Krautrock-Urgestein, Anarcho-Clown, Marihuana-Legalisierungs-Ikone. Vor allem aber ist der gebürtige Münchner eine Rampensau, seit Dekaden umgeben von brillanten Musikern, der bei den Besuchern seiner weiterhin rasanten Shows stets für Begeisterung sorgt. Und: Mani ist einer der Letzten in unserem Land, dem die Hippie-Ideale noch nicht abhandengekommen sind: Love & Peace – und gelegentlich auch mal Drugs.
eclipsed: Bist du gerade ein wenig am Aufräumen der Guru-Guru-Historie?
Mani Neumeier: Irgendwie schon. Da gibt es zunächst die Retrospektive „Three Faces Of Guru Guru“. Auf drei Alben findet man ausschließlich Stücke, die ich höchstpersönlich ausgewählt habe. Das erste ist dem „Rock“ gewidmet, das zweite dem „World“, das dritte dem „Space“. Alles, wofür Guru Guru seit jeher standen und stehen. Dann hat Repertoire Records drei alte Werke von mir digital remastert neu aufgelegt – „Tango Fango“ von 1976, „Globetrotter“ von 1977, „Live“ von 1978. Und auch was Brandneues haben wir im Gepäck seit Ende letzten Jahres, die Scheibe „The Incredible Universe Of Guru Guru“. Darauf zu hören gibt es klassischen Kraut, Prog’n’Roll und Electro Dance. Eine bislang unbekannte Welt für uns.
eclipsed: Beim „Krautrock Open Air am Meer“ in Wilhelmshaven Ende August wurdet ihr von strömendem Regen überrascht, musstet das Konzert abbrechen, ehe ihr es ohne Strom unter schützendem Dach fortgeführt habt. Bist du der König der Improvisation?
Neumeier: Wahrscheinlich bin ich der! (lacht) Ich habe einfach auf alles eingetrommelt, was in Reichweite war. Das Publikum war begeistert, feuerte mich an. Ich verfiel in einen ekstatischen Rausch. Allerdings bin ich inzwischen zu alt, um so etwas regelmäßig durchzuziehen.
eclipsed: Apropos Alter: Du musstest einige Konzerte im Oktober und November absagen. Was war der Grund?
Neumeier: Ich musste mich im September einer Not-OP an den Augen unterziehen, die haben geblutet. Man stellte fest, dass ich unter einer Makuladegeneration leide. Was bedeutet, dass meine Sehfähigkeit im Bereich schärfsten Sehens langsam verloren geht, die Netzhaut ist in Mitleidenschaft gezogen. Ich kann zwar noch trommeln, aber weder lesen noch schreiben. Wobei es mich extrem in den Fingern juckt, wieder zu spielen. Ich bin eben eine unverbesserliche Rampensau.