MOTÖRHEAD - „Der Typ da vorne macht keine Show - das ist Rock’n’Roll!“

5. Juli 2021

Motörhead

MOTÖRHEAD - „Der Typ da vorne macht  keine Show - das ist Rock’n’Roll!“

Als Ian Fraser „Lemmy“ Kilmister am 28. Dezember 2015 starb, war das automatisch auch das Ende von Motörhead: Letztlich waren alle übrigen Mitglieder der Gruppe, egal wie lange sie dabei waren und wie viel musikalischen Input sie lieferten, immer nur „Sidekicks“ für den Bandgründer. Doch nicht nur Lemmy selbst, auch Motörhead wurden insbesondere in den letzten 20 Jahren ihrer Existenz zur Legende, als es der Gruppe gelang, ein immer vielfältiger werdendes Publikum in ihren Bann zu ziehen, das am Ende weit größer war, als es im Hardrock- und Heavy-Metal-Kosmos die Regel ist. 

Das allerletzte Motörhead-Konzert am 11. Dezember 2015 in der voll besetzten Berliner Max-Schmeling-Halle hat sich ins allgemeine musikalische Gedächtnis eingebrannt. Ihren Ausgang nahm die deutsche Tour-Geschichte der 1975 gegründeten Truppe jedoch am 30. Juni 1979 in der eclipsed-Heimatstadt Aschaffenburg. Rückblickend hat es fast etwas Surreales, dass – wie mir selbst gar nicht richtig bewusst war – auf jenem für die 70er-Jahre so typischen heterogenen Festival mit dem Headliner Whitesnake und Acts wie Lucifer’s Friend und Omega das damalige Trio mit Phil „Philthy Animal“ Taylor am Schlagzeug, „Fast“ Eddie Clarke an der Gitarre und eben Lemmy Kilmister am Bass auf der letzten Etappe der „Overkill“-Tour seinen ersten Gig in Deutschland absolvierte. Mit viel jugendlichem Leichtsinn und Arroganz hatte ich mich als Autor eines unbedeutenden Blättchens gar für Interviews mit Whitesnake und Motörhead angemeldet. 

Begegnung mit Lemmy unter ungünstigen Umständen

Auf dem Weg zum Motörhead-Wohnmobil im Backstagebereich stieß ich fast mit Lemmy zusammen, der gerade wütend aus diesem heraus stiefelte und mir in seinem nietenbesetzten Outfit unheimlich groß vorkam. (Letzteres muss wohl an seinen hohen, weißen, dreckigen Stiefeln gelegen haben, denn seine 1 Meter 78 überragte ich schon damals um 10 Zentimeter.) Taylor [am 12. November 2015 verstorben, Anm.] und Clarke [am 10. Januar 2018 verstorben, Anm.] waren umso freundlicher und erklärten Lemmys Wut damit, dass kein Speed und Koks aufzutreiben seien, weshalb man sich heute besser nicht mit ihm unterhalte. Einige Stunden später spielten Lemmy und Co. ein lautes, wütendes Set. Selbst wenn der Song auf ihrem ersten Album enthalten war, fand ich es erstaunlich, dass diese damals lauteste und schnellste Metal-Band ein von den Yardbirds populär gemachtes Stück wie „Train Kept A-Rollin’“ im Programm hatte. Dazu verriet mir Clarke später: „Wir tarnen uns nur als Heavy-Metal-Band, im Grunde genommen spielen wir bluesigen Rock’n’Roll, nur etwas lauter.“ Diesen Satz konnte ich erst Jahre später, auch weil er von Lemmy stetig wiederholt wurde, richtig einordnen – ebenso wie Taylors Aussage, Lemmy sei „im Grunde genommen ein Hippie – nur eben einer, der wütend wird, wenn nicht die richtigen Drogen zur Hand sind“ ...

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