Paul Vincent ist ein deutsches Rockurgestein. Seit den Sechzigerjahren aktiv, hat er den Bogen vom frühen Engagement in Beatkapellen (Park Lane) und Psychedelicbands (Missus Beastly) hin zum professionellen Wirken als Studiomusiker geschlagen. Über Kontakte zu Keith Forsey, Klaus Doldinger und Olaf Kübler war er rasch in den Musikerszenen von München und Hamburg integriert, war von 1975 bis 1980 Mitglied von Udo Lindenbergs Panikorchester. Danach spielte unter anderem auf Meat Loafs „Bad Attitude“ und Freddie Mercurys „Mr. Bad Guy“. Aus der Wolle Kriwanek Band, der er jahrelang angehörte, entwickelte sich nach Kriwaneks Tod 2003 Vincents seine Formation Vincent Rocks. Unter eigenem Namen hat Paul Vincent jetzt die Vier-CD-Box „L.O.V.E.“ vorgelegt.
eclipsed: Worauf bezieht sich der Titel „L.O.V.E.“?
Paul Vincent: Natürlich auf die Beatles, aber nicht einfach auf dieses Boy-meets-girl-Hormonding, sondern auf die eigentliche Message. Guck’ dir nur mal unsere Welt an. Ende des letzten Jahrtausends dachte man mal, alles würde besser laufen. Dann kam 9/11, der Irakkrieg, neue Diktaturen, Turbokapitalismus, Islamismus, Pegida. Mittlerweile ist alles noch mehr in Unordnung als zuvor, weil es keine überschaubaren Machtblöcke mehr gibt. Jetzt ist Guerilla auf jeder Ebene. Wir Europäer lassen Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken. Als alter Hippie hatte ich das Bedürfnis, das Thema Liebe wieder ins Bewusstsein zu rücken, wie es meine Idole auch gemacht hatten. Liebe zu den Mitmenschen, zur Natur, zu den Schutzlosen. Ohne eine bestimmte feste Religion. Liebe ist nicht zerstörerisch, but there’s not enough love in the world. Heutzutage geht zu viel über Social Media, Selbstdarstellung und Narzissmus. Das geht mir auf die Nerven. Ich habe versucht, das im Stück „Peace On Earth“ einzufangen. Da blutet mein Herz.
eclipsed: Wie kam es zu diesem Kreativitätsschub, immerhin finden sich 71 neue Songs auf „L.O.V.E.“?
Vincent: Ich bin die meiste Zeit damit beschäftigt, Fernsehmusik zu komponieren und aufzunehmen. Das versetzt mich in die luxuriöse Lage, so viel Zeit, wie ich will, im eigenen Aufnahmestudio verbringen zu können. Mit meinem Toningenieur Stephan Wissnet habe ich immer donnerstags neue Songs aufgenommen. Da kommt in zwei, drei Jahren schon was zusammen.