STEVE HILLAGE - „Ich bin radikal“

26. Oktober 2016

Steve Hillage

Grinsend sitzt Steve Hillage auf dem Sofa im Büro seines Londoner Labels Snapper. Heute will der über Jahrzehnte für seine radikale Innovationswut berühmt-berüchtigte Gitarrist mal nichts Neues aus dem Hut zaubern. Sein Gesicht sonnt sich in der triumphalen Zufriedenheit des letzten Sommertages, der sich dennoch wie der Zenit des Hochsommers ausmacht. Genau so fühlt sich der Gitarrist. Vor ihm liegt ein dicker schwarzer Monolith mit der Aufschrift „Searching For The Spark“. Eine Schatzkiste mit 22 CDs, viele davon unveröffentlicht, zwei Büchern, zwei kleinen Broschüren und jeder Menge Bonusmaterial.

Hinter dem Namen des 65-Jährigen verbirgt sich eine ungewöhnliche musikalische Vita, die 1968 mit der Band Uriel bzw. Arzachel begann, mit Gong einen ersten Höhepunkt beschrieb, im Jazzrock und Prog der Siebziger unglaubliche Blüten trieb und im neuen Jahrtausend mit dem Technoprojekt System 7 völlig neue Bahnen einschlägt. Steve Hillage stand vielleicht nie in der vordersten Reihe der Gitarrenhelden der Siebziger, aber er war einer der einflussreichsten Instrumentalisten seiner Zeit. „Musik ist mein Weg mich auszudrücken“, sagt Sub. Capt. Hillage, wie er einst auf der Gong-Platte „Angels Egg“ firmierte. „Musik ist das, was ich tue. Ich kann nichts anderes. Ich mache jetzt schon so lange Musik, bin von ihr besessen. Musik erfüllt seit jeher eine wichtige Funktion in der Gesellschaft. Sie ist immer verbunden mit Ritualen und dem Zusammentreffen von Menschen. Und viele Menschen können in der Musik eine höhere Ebene finden. Musik steht für Idealismus und starke Emotionen. Sie ist eine Kunstform. Ich bezeichne mich als Künstler.“

Von Kategorien hält Hillage wenig. Ende der Siebziger hatte er sich im Song „Unidentified Flying Object“ vom Album „Green“ genau damit beschäftigt. „Auf einem rein praktischen Level verstehe ich, warum es Kategorien und Genres gibt. Das hilft, Musik zu verkaufen, es schafft aber auch Orientierung, wenn man nach Inspiration sucht. Sowie es aber zum Fetisch wird, ist es schrecklich. Mir geht es immer ums große Ganze. Ich habe mich immer gefragt, warum man die Musik Stämmen zuordnen muss. Das finde ich falsch. Teile und herrsche. Wir sollten uns aber nicht auseinanderdividieren lassen. Wie Sham 69 einst sangen: ‚If the kids are united, they will never be divided‘.“

Lest mehr im eclipsed Nr. 185 (November 2016).