Wenn eine Band vom Range U2s vor einem Publikum aus Elektromarktkunden und Privatradiohörern aufspielt und sich dabei – exklusiv – von der Boulevardpresse über die Schulter blicken lässt, dann ist etwas faul im Staate Dänemark, dann hat der Rock’n’Roll seine Zähne und Krallen verloren, und der Künstler macht sich zum ausführenden Organ von Institutionen, mit denen er eigentlich nichts zu tun haben sollte. Und im Falle von U2 ist es bereits das zweite Fettnäpfchen innerhalb von zwei Monaten.
Erst der Apple-Deal, den sich der Telekommunikationsgigant 100 Millionen US-Dollar kosten ließ und der dafür sorgte, dass das dreizehnte U2-Epos „Songs Of Innocence“ einfach auf die Mobiltelefone von 500 Millionen Kunden geladen wurde – ob diese das wollten oder nicht. Eine Aktion, die einen wahren Shitstorm auslöste und als Marketingaktion gewaltig in die Hose ging. Was mittlerweile auch Bono realisiert hat.
In einem Interview mit „Die Zeit“ (aber eben nicht mit der klassischen Musikpresse) räumt der 54-Jährige ein, man habe diesen Schritt nicht richtig erklärt, was zu Missverständnissen und Anfeindungen geführt habe. U2 sind nun mal nicht Jay-Z oder Beyoncé. Ihr Publikum besteht aus eher traditionellen Musikkonsumenten, die klassische Tonträger erwerben und das Saubermann- bzw. Weltverbessererimage der Band sehr, sehr ernst nehmen. Doch anno 2014 sind U2 längst nicht mehr die idealistisch beseelten, bodenständigen Rocker von der Straße.
Sie sind vielmehr umtriebige Geschäftsleute, die in Immobilien, Gastronomie und mehr machen, deren Privatvermögen auf über 800 Millionen britische Pfund geschätzt wird, die 150 Millionen Alben verkauft, 22 Grammys erhalten und auch sonst alles erreicht haben, was eine Karriere im Musikbusiness für Glücksritter bereithält. U2 hatten an den hinter den Erwartungen zurückbleibenden Umsätzen ihres letzten Epos „No Line On The Horizon“ (immerhin fünf Millionen Käufer) angeblich so zu knabbern, dass sie in eine regelrechte Sinnkrise stürzten.
Sie hinterfragten plötzlich die eigene Relevanz, ihre Vorgehensweise und Zukunft. Dies beschäftigte die Iren fast fünf Jahre lang und nervte sie anscheinend genauso wie der Flop des „Spiderman“-Musicals, mit dem Bono und The Edge stolze 60 Millionen Dollar in den Sand setzten.