DIE GESCHICHTE DES PROGRESSIVE ROCK
Betrachtungen zu einer faszinierenden Musikform
Willkommen zu einer Reise ins Land der unbegrenzten musikalischen Möglichkeiten, der Visionen und Utopien, der Träume und Alpträume, der grenzenlosen Bewunderung und reflexhaften Ablehnung! Die Route führt uns über zwölf Etappen, eine der Königsetappen steht gleich zu Beginn an: Auf 26 Seiten beleuchten wir die Entstehung und Entwicklung einer Rockspielart, deren Bedeutung ein Steve Hackett wie folgt einschätzt: „Diese Musikform hat definitiv ihre Daseinsberechtigung neben Jazz, Blues, Klassik und Rock’n’Roll.“ Der Weg führt uns von England hinüber zum Kontinent, nach Übersee und in die ganze Welt, immer auf den Spuren des: Progressive Rock.
Großbritannien 1967/68
Nach dem Urknall vom 1. Juni 1967 war in der modernen Musik nichts mehr wie zuvor: Die Beatles hatten mit ihrem Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ die Welt auf den Kopf gestellt. Ganz langsam entwickelte sich in den folgenden zwei Jahren ein Genre, für das in den Londoner Plattenläden eigene Regale eingerichtet wurden – mit der Aufschrift „Progressive Bands A – Z“.
Großbritannien 1969-1971
Im Jahr 1969 begann sich in Großbritannien der Musikstil zu entwickeln, der heute allgemein als Progressive Rock bekannt ist. Er entstand nicht in einem Vakuum. Seine Spuren lassen sich unter anderem bis zu den drei großen Beatles-Alben der Jahre 1965 bis 1967 zurückverfolgen: zu „Rubber Soul“, „Revolver“ und „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“. Diese läuteten einen Umbruch, ja einen Paradigmenwechsel ein, sprachen sie doch etwa „schwierige“ philosophische, spirituelle und politische Themen an. Vor allem aber stellten die Beatles und ihr Produzent George Martin das Standardformat eines Popsongs infrage: Sie definierten Grundlegendes wie Harmonievokabular, Gliederung und Taktarten neu; sie verwendeten Sounds und Instrumente, die im Rock bis dato unbekannt waren; und sie reizten die Möglichkeiten eines Tonstudios bis an seine Grenzen aus und verbanden so Aufnahme- und Songwriting-Prozess....
Großbritannien 1972-1974
Im Jahr 1972 tummelten sich in Europas LP-Charts die üblichen Verdächtigen mit ihren neuen Werken: die Rolling Stones, die Carpenters, Stevie Wonder, David Bowie und so weiter. Doch immer häufiger und in immer höheren Chartpositionen gesellten sich Bands hinzu, die noch bis vor ein oder zwei Jahren allenfalls im Bereich „Underground“ von der Öffentlichkeit wahrgenommen worden waren: Progressive-Rock-Bands wie Genesis, Yes oder Emerson, Lake & Palmer. Und sie setzten sich mit vollem Recht in den Hitparaden fest. Denn in diesem Jahr legten sie ihre bis dahin eindrucksvollsten Werke vor. Genesis preschten mit „Foxtrot“ und dem darauf enthaltenen Opus „Supper’s Ready“ vor, Yes lieferten den Meilenstein „Close To The Edge“ um das imposante Titelstück ab, Gentle Giant das grandiose „Octopus“, auch „Trilogy“ von Emerson, Lake & Palmer enthielt einige großartige Kompositionen.“...
Großbritannien 1975-1983
Wir schreiben das Jahr 1975. Der Prog hatte sich eingerichtet. Die Kreativpause der „Großen Vier“ gab den Bands der zweiten Reihe die Chance, deutlicher in den Fokus der Progwelt zu gelangen. Und siehe da, Camel legten mit dem instrumentalen „The Snow Goose“ und „Moonmadness“ (1976) nach, Renaissance erzählten von „Scheherazade And Other Stories“ und Gentle Giant schwangen sich zu ihrer letzten Großtat, „Free Hand“, auf. In Prog-Gourmetkreisen freute man sich über die Rückkehr der reformierten Van der Graaf Generator, die nach dem fordernden „Godbluff“ mal eben zwei Werke vollendeten, die 30 Jahre später von dieser Zeitschrift mit dem Status eines „Weltkulturalbums“ belegt wurden: der 1976er Doppeldecker „Still Life“ und „World Record“. Yes spielten sich und ihre Fans auf der bombastisch angelegten „Relayer“-Tour regelmäßig ins „Prog-Delirium“. Der Überraschungscoup kam jedoch aus dem Hause Genesis. Und das gleich doppelt: Erst die Präsentation von Schlagzeuger Phil Collins als Nachfolger des ausgeschiedenen Sängers Peter Gabriel, dann das verblüffend starke und abwechslungsreiche Album „A Trick Of The Tail“. Wenn sogar ein Prog-Aushängeschild vom Schlage eines Peter Gabriel scheinbar mühelos ersetzt werden konnte, was hatte der Prog dann überhaupt zu befürchten? Nüchtern betrachtet gründeten sich die Umwälzungen bei den großen Bands auf der durchaus selbstkritischen Einschätzung, dass die Abschlussalben der ersten Hochphase des Prog in puncto Experimentierfreudigkeit, harmonischer sowie rhythmischer Komplexität, Vielschichtigkeit der Arrangements und lyrischer Extravaganz nicht mehr zu übertreffen waren. Die beteiligten Musiker hatten Musik für die Zukunft produziert, sie konnten (oder wollten) dieses Tempo nicht mehr gehen.
RADIOHEAD
Hinterm Regenbogen
Wir haben uns längst daran gewöhnt, von Radiohead Großes zu erwarten. Der Druck, der auf der Band lasten sollte, müsste immens sein. Doch die Briten entziehen sich dem Rummel, der um sie gemacht wird und sind stattdessen kreativ. Einfach so. Ihr neues Album „The King Of Limbs“ legt von dieser entfesselten Kreativität einmal mehr eindrucksvoll Zeugnis ab.
ELBOW
Mein Freund Garvey
Den Sprung vom Insiderliebling zur Stadionband haben Elbow blendend bewältigt. Auch auf seinem fünften Album überzeugt das britische Quintett mit stilistischer Abenteuerlust. Außerdem lebt es mit „Build A Rocket Boys!“ noch einmal freier seine Leidenschaft für die Klangästhetik von Genesis und vor allem Peter Gabriel aus.
FOO FIGHTERS
Die Krach-Therapie
„Wasting Light“, das siebte Album der Wahlkalifornier Foo Fighters, steht im Zeichen Grohlscher Vergangenheitsbewältigung. Schließlich markiert 2011 den zwanzigsten Jahrestag von Nirvanas „Nevermind“. Dieser Umstand sorgt beim ehemaligen Trommler der Grunge-Pioniere für einen emotionalen Schiefstand, gegen den es nur ein Mittel gibt: die gepflegte Krach-Therapie.
URIAH HEEP
She told me: „Hold on!“
Die zehn Jahre ohne neues Material – die Zeit zwischen 1998 und 2008 – hat kaum einem Fan schlaflose Nächte bereitet. Schließlich gelangen Uriah Heep seit dem Abgang von Hauptsongschreiber Ken Hensley vor dreißig Jahren selten nachhaltige Stücke. Umso überraschender kam da vor drei Jahren das grandiose Werk „Wake The Sleeper“. Jetzt legt die britische Hardrock-Institution erneut ein überzeugendes Album vor.
Weiter im Text! Kultige Songs und ihre Bedeutung
GENESIS – THE MUSICAL BOX
Märchenstunde à la Genesis. Peter Gabriel taucht ein in die dunklen Welten kindlicher Fantasie und bedient sich dazu eines alten Kinderreimes, viktorianischer Sprachakrobatik und menschlicher Urängste zwischen unschuldiger Vorstellungskraft und adoleszenter Lust.
Einkaufszettel New Model Army
Die Punkrockmetalgothicfolkpop-Puristen
Im vergangenen Jahr feierte die englische Band um den unermüdlichen Justin Sullivan ihr dreißigjähriges Bühnenjubiläum. Kaum zu glauben, dass New Model Army nun schon seit drei Jahrzehnten und elf Studioalben als Kämpfer für eine bessere Welt unterwegs sind. Wer in ihnen jedoch nur die ewig gleiche knüppelnde Gutmenschen-Kapelle – ein Bild, das in den Medien immer wieder bemüht wird – zu erkennen glaubt, sieht sich über kurz oder lang getäuscht. New Model Army haben natürlich einen unverkennbaren Sound entwickelt. Doch es gelingt ihnen, diesem immer wieder neue Facetten hinzuzufügen.