Kategorie: CD-Reviews | Genre: Avantgarde | Heft: Jahrgang 2013, eclipsed Nr. 150 / 5-2013 | VÖ-Jahr: 2013 | Wertung: 7/10 | Label: Constellation | Autor: BSV
All diese Klänge sollen von einem Saxofon sein? Und dazu noch live ohne Overdubs und Loops eingespielt? So steht es jedenfalls auf dem Artwork von „New History Warfare Vol. 3: To See More Light“, dem neuen Album des US-Experimentalsaxofonisten Colin Stetson. Natürlich stammt der Gesang auf vier Tracks nicht von einem Blasinstrument, sondern von Bon-Iver-Sänger Justin Vernon. Doch es fällt beispielsweise schwer, die Bassgrooves und die Percussion-Andeutungen auf ein Saxofon zurückzuführen. Doch das ist egal, denn es sind all die blubbernden Sounds, das unsägliche Quäken, das kratzende Dröhnen, die ätherischen Melodien, die diesem Album ihren Stempel aufdrücken. Das grenzt mal an Industrialsounds („High Above A Grey Green Sea“), mal ist es ungenießbar („Hunted“) und bleibt minimal („In Mirrors“) oder hektisch („Brute“). Man kann sich fragen, was das soll. Diese Frage erübrigt sich beim 15-minütigen Titeltrack. Der hebt sich vom Rest ab: wie elektronische Musik der Berliner Schule, nur eben mit Saxofon kreiert. Flirrende Sequenzen, treibende Grooves. Ungewöhnlich und faszinierend.
Top-Track: To See More Light