ECLIPSED ON TOUR - Pink Floyd auf Mongolisch

Pink Floyd und Mongolei – diese Wörterkombination hat etwas ähnlich Abenteuerliches wie, sagen wir mal, Prog und Dschingis Khan. Die gleichnamigen Discoschlagertrampel („Hey Leute, ho Leute“) lieferten in den Siebziger- und Achtzigerjahren ja das Gegenteil zu filigraner oder gar psychedelischer Musik. Was insofern passt, als auch die Mongolen selbst ihren legendären Weltherrscher achthundert Jahre nach seinem Wirken als unfiligrane Erscheinung präsentieren. Jedenfalls auf dem zentralen Platz seiner Heimat. Das kolossale Denkmal von Dschingis Khan auf dem Sukhbaatar-Platz in der Hauptstadt Ulan-Bator ist eine Wucht. Freilich kann es uns nicht so in Staunen versetzen wie ein Werbeplakat am Straßenrand um die Ecke. Auf schwarzem Grund erstrahlt weithin sichtbar das berühmteste Prisma der Welt: die Ankündigung einer Pink-Floyd-Tribute-Show.

Erster Gedanke: The Australian Pink Floyd Show hier in Ulan-Bator? Lohnt sich das denn für die Band? Natürlich nicht, weshalb es sich auch nicht um die Floyd-Wiedergänger von Down Under handelt, sondern um ein Projekt der Band Shar Airag. Einer mongolischen Topband, wie uns Einheimische rasch aufklären. Okay. Aber: Ein Pink-Floyd-Konzert in der Mongolei, gespielt von Mongolen, muss man das wirklich sehen? Antwort: unbedingt! Zumal der Spaßvogel im Hinterkopf hämmert: Das klingt schräg, da müssen wir einfach hin! Resttickets gibt’s noch, Konzertbeginn 19 Uhr im Zentralen Kulturpalast. Dieser beeindruckt durch eine funktionale Architektur, die im Westen en vogue war, als Pink Floyd ihre psychedelische Phase bereits hinter sich gelassen hatten.

Einführung in Psychedelic Rock

Weil das Publikum über die psychedelische Musik im Allgemeinen und die künstlerischen Phasen von Pink Floyd im Besonderen offenbar nicht so genau im Bilde ist, wird es vor der Show erst mal eine halbe Stunde lang ins Thema eingeführt. Und zwar vom Chef der gleich auftretenden Band persönlich. Der Mann heißt Gankhuu und sitzt alleine vor der abgehängten Bühne. Neben ihm schauen die Köpfe der echten Floyd-Musiker von einem Gemälde in den Saal. Gankhuu referiert über die Geschichte der Gruppe und die des Psychedelic Rock. Natürlich auf Mongolisch.

Dank der eingestreuten Englischfetzen lässt sich der rote Faden der kleinen Lehr- und Quizstunde grob auch für Besucher verfolgen, die dieser Sprache nicht mächtig sind: Wie hieß die erste Pink-Floyd-Formation? Ein Zuruf: The Pink Floyd Sound. Dann fallen die Namen Syd Barrett, David Gilmour und Roger Waters, irgendwann aber auch Queen (nach der Erwähnung von „We Will Rock You“ gibt’s Applaus) und Michael Jackson. Möglicherweise wird der Begriff Psychedelic Rock in einem Land, wo man sich an gegorener Stutenmilch berauscht und in dem die Pferdekopfgeige das wichtigste Instrument darstellt, einfach weiter gefasst als bei uns.

Lesen Sie mehr im eclipsed Nr. 161 (Juni 2014).