Bereits am 23. September ist Bruce Springsteen 75 geworden – die US-Rock-Ikone, die es wie kein anderer Musiker versteht, als Sprachrohr der amerikanischen Seele zu fungieren. Springsteens symbolträchtigstes Album, „Born In The U.S.A.“, feiert zugleich vierzigstes Jubiläum. Zudem stehen am 5. November die US-Präsidentschaftswahlen an. Alles Anlass genug, um ein Portrait vom so liebevoll wie ehrfürchtig betitelten „Boss“ zu zeichnen. Wir analysieren seine Entwicklung als Rocker von gesellschaftspolitischer Relevanz von den Anfängen bis heute mit Fokus auf „Born In The U.S.A.“ und dem zentralen, häufig missverstandenen Titelsong. Zusätzlich lassen wir US-Wahlkampfsongs der vergangenen Jahrzehnte Revue passieren und entschlüsseln die von Springsteen häufig benutzten,
uramerikanischen Themen.
Im Mai 1974 verkündete Springsteens späterer Manager Jon Landau, damals noch Musikjournalist, prophetisch: „Ich habe die Zukunft des Rock ‘n’ Roll gesehen, und ihr Name ist Bruce Springsteen.“ Tatsächlich sollte er Recht behalten, und nur ein Jahr später gelang dem Musiker aus New Jersey mit „Born To Run“ der Durchbruch. Doch erst 1984 folgte mit „Born In The U.S.A“ der ganz große globale Erfolg. Seither hat sich Springsteen als einer der wenigen Rockmusiker etabliert, denen weltweit größter Respekt und auch politisch beträchtlich Gehör entgegengebracht wird – womit er in einer Liga spielt, in der sich höchstens noch Peter Gabriel, Sting, Bono oder Neil Young aufhalten. Dabei gilt er als Stimme der liberalen, weltoffenen, aber zugleich traditionellen uramerikanischen Seele. Doch wie kam es dazu, dass Springsteen ein solches Gewicht beigemessen wird? Und wo steht er anno 2024?
Springsteen, Freund von Barack Obama – US-Schicksalswahlen 2024
Am 5. November wird über das zukünftige politische Oberhaupt der USA entschieden, den zukünftigen Präsidenten, der erstmals in der Geschichte der USA auch eine Präsidentin werden könnte: Kamala Harris vs. Donald Trump. Eine Schicksalswahl, die auch über den Fortbestand der ältesten Demokratie der Welt entscheiden könnte. Bruce Springsteen hält sich – im Gegensatz zur Pop-Ikone Taylor Swift – aktuell zwar mit expliziten politischen Äußerungen zurück, doch ist sein Engagement für die Demokraten legendär: Insbesondere unterstützte er massiv Barack Obama und danach – wenn auch dezenter – Joe Biden. Bei der Amtseinführung von US-Präsident Barack Obama im Januar 2009 spielte Springsteen auf den Stufen des Lincoln Memorial in Washington, D.C. seinen 9/11-Song „The Rising“ sowie zusammen mit Urgestein Pete Seeger „This Land Is Your Land“, den Woody-Guthrie-Polit-Folk-Klassiker, den er bereits 1980 (nachzuhören auf dem 5LP/3CD-Boxset „Live/1975-85“) gecovert hatte (siehe Kasten zu US-Wahlkampfsongs). Durch Springsteens Engagement auf Wahlkampfveranstaltungen von Obama (2008 und 2012) entwickelte sich eine enge Freundschaft, die 2021 zu einem gemeinsamen Spotify-Podcast sowie dem gleichnamigen Buch „Renegades: Born In The USA“ führte und die Idee zu den „Spring-steen On Broadway“-Solokonzerten 2017/18 gebar. Springsteens Anti-Trump-Aussagen sind dagegen zahlreich: So fehle dem republikanischen Kandidaten „das tiefe Verständnis dafür, was es bedeutet, Amerikaner zu sein“, er sei ein „toxischer Narzisst“ und „eine Bedrohung für unsere Demokratie“.