FAUST - Ein Mythos, der vor 50 Jahren begann

27. September 2021

Faust Krautrock

FAUST - Ein Mythos, der vor 50 Jahren begann

Wenn von Krautrock die Rede ist, muss auch der Name Faust fallen. Von 1971  an schuf diese Band eine Reihe außergewöhnlicher Alben, die zwar kommerziell weitgehend erfolglos blieben, aber künstlerisch umso wertvoller sind. Seit den 90er-Jahren wieder aktiv und innovativ wie eh und je, legen Faust nun die opulente Box „Faust 1971–1974“ vor, die neben den ersten vier Alben bemerkenswertes Archivmaterial enthält – darunter das 1974 aufgenommene, bislang unveröffentlicht gebliebene fünfte Werk der Gruppe.

„Es gibt keine mythischere Band als Faust“, schreibt Julian Cope in seinem Buch „Krautrocksampler“ (1995) über die deutsche Band, deren Werke einen unverzichtbaren Teil der Kronjuwelen des Krautrock darstellen – auch wenn sie sich nie wirklich mit diesem Begriff anfreunden konnte. Werner „Zappi“ Diermaier antwortete jüngst auf die Frage, ob Faust Dada oder gaga seien: „Keines von beidem. Ich möchte unsere Musik nicht irgendwie benennen. Auch nicht Krautrock.“

Hamburg im Jahr 1970: Jean-Hervé Péron (Bassgitarre, Gesang), Rudolf Sosna (Gitarre, Keyboards, Gesang; † 1996), Gunther Wüsthoff (Synthesizer, Saxofon), Hans-Joachim Irmler (Orgel), Werner „Zappi“ Diermaier (Schlagzeug) und Arnulf Meifert (Schlagzeug) gründen eine Band, die erst 1971 den Namen Faust erhält. Was in der Zeit von 1970 bis 1974 geschieht, ist eine der großen Krautrocklegenden. Der Musikjournalist Uwe Nettelbeck († 2007) nimmt die Gruppe unter seine Fittiche. Er erklärt der Plattenfirma Polydor, die sie überhaupt nicht kennt, Faust seien die neuen Beatles, sie bräuchten nur einen abgeschiedenen Ort, wo sie ungestört seien und jederzeit Zugang zu einem Studio und einem Tontechniker hätten. Polydor stimmt zu, lässt eine alte Schule in Wümme, einem kleinen Ort irgendwo zwischen Hamburg und Bremen, in ein Studio mit Wohnbereich umbauen und stellt der Band den Tontechniker Kurt Graupner zur Seite. Irmler: „Graupner brachte viele tolle Ideen mit. [...] Er ist dann ein Familienmitglied geworden.“ Nettelbeck: „Faust hatten tolle musikalische Ideen, aber sie hatten keine Idee, wie sie die realisieren könnten. Es war immer Graupner, der alles möglich machte.“

Die einzigen, die Faust zunächst auf dem Zettel und ihrer Ausgabenliste haben, sind die Leute von Polydor. Doch Faust baden nicht in Geld – ganz im Gegenteil. So sieht Arnulf Meifert die neue Box als „Gelegenheit, mit diesem ganzen Legendenblödsinn aufzuräumen: Wir waren nicht reich, fuhren keine schnellen Wagen, vielmehr war der Kühlschrank meistens gähnend leer. Wir haben weder den ganzen Tag gepennt und gekifft, noch waren wir bei der RAF.“ Apropos Drogen: Jean-Hervé Péron wird im neuen, empfehlenswerten Krautrock-Buch „Future Sounds“ von Christoph Dallach wie folgt zitiert: „Die Musik von Faust war zu komplex, als dass man sie unter Drogen hätte machen können. Unsere verrücktesten Ideen entsprangen völlig klaren Köpfen.“

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