FISH - Der Kreis schließt sich

15. Oktober 2020

Fish

FISH - Der Kreis schließt sich

Bereits 2015 hatte Fish angekündigt, dass er noch ein letztes Album aufnehmen wolle, dieses den Namen „Weltschmerz“ trage und er nach einer abschließenden Tour in den wohlverdienten Ruhestand gehe. Aufgrund zahlreicher Rückschläge gesundheitlicher wie familiärer Art hat es nun doch fünf Jahre gedauert, bis die Platte erscheinen konnte. Doch nun ist das Doppelalbum „Weltschmerz“ da und provoziert sogar Vergleiche zu Fishs meisterhaftem Debütalbum „Vigil In A Wilderness Of Mirrors“, das dieses Jahr seinen 30. Geburtstag feiert. Über beide Alben sprachen wir mit dem redseligen Schotten und runden unser Fish-Special mit einem ausführlichen und vom Meister selbst kommentierten Einkaufszettel ab.

„Ich habe wieder angefangen zu rauchen“, entschuldigt sich ein noch etwas unsortierter, hustender Fish, als wir ihn morgens um 10 Uhr in seiner schottischen Heimat erreichen. „Kaffee und Zigaretten am Morgen, naja“, lacht er, zeigt jedoch gleich, dass er trotz des Ärgers um das wiederaufgenommene Laster bei bester Laune ist, um uns nicht nur Auskunft über sein erstes wie sein letztes Album zu geben, sondern für unseren Einkaufszettel auch noch große Teile seines Katalogs ausführlich zu besprechen. 

eclipsed: Fish, du bist sicherlich erleichtert, dass nach so vielen Rückschlägen dein seit Jahren geplantes letztes Album „Weltschmerz“ endlich erscheinen kann, zumal es sehr gut geworden ist und ein Highlight in deinem Katalog darstellt …

Fish: Es stimmt, es ist sehr viel Negatives vorgefallen, wobei das Schlimmste sicherlich der Tod meines Vaters war. Es begann jedoch bereits auf der „Farewell To Childhood“-Tour 2015. Ich hatte mir das alles so schön ausgemalt: Noch ein Album, eine Tour und dann in Rente gehen. Doch dann brach sich Keyboarder John Beck die Hand, ich hatte Probleme mit meiner Schulter, Termine mussten nach 2016 geschoben werden. Anschließend starb mein Vater, ich hatte eine Rücken-OP, später wurde meine Mutter krank, und ich nahm sie bei uns auf. Zwischendurch habe ich dann einfach keine Muße mehr gehabt, um zu schreiben, ich vergrub mich in die Gartenarbeit, doch das war letztlich gut, denn die Inspiration kam langsam zurück, so dass wir 2018 allmählich loslegen konnten. Aber es nahm einfach kein Ende: Ich war dann 2019 noch zweimal mit einer gefährlichen Blutvergiftung im Krankenhaus, was übrigens den Text zum Opener „Grace Of God“ inspiriert hat. Es war ein langer, schmerzhafter Prozess, diese Platte zu machen. Um es ganz deutlich zu sagen: Ich bin mir meiner Sterblichkeit ebenso bewusst geworden wie der unumkehrbaren Tatsache des Alterns und all der schmerzhaften Dinge, die dies mit sich bringt.

eclipsed: Ich habe sowieso den Eindruck gewonnen, dass „Weltschmerz“ vor allem ein Album über das Altern ist.

Fish: Ich würde es anders ausdrücken: Es ist ein Album darüber, ein Mensch zu sein. Und auch darüber, was es heißt, ein Mensch in genau dieser Welt zu sein, in der wir jetzt leben. Ich habe ja gerade erwähnt, dass die Konzeption des Projekts 2015 begonnen hat; damals lebte ich noch teilweise bei meiner jetzigen Frau Simone in Karlsruhe. Zuvor war der Syrienkrieg ausgebrochen, und nun kamen die Flüchtenden nach Deutschland; es war erschütternd, all das Elend zu erleben und die gesellschaftlichen Debatten, die daraus entsprungen sind. Du konntest ja nicht mehr den Fernseher anmachen, ohne so viel Leid zu sehen. Aber was kann man als Individuum dagegen tun? Ich habe den Schmerz nachempfunden, den andere Leute erfahren haben.

eclipsed: Heraus kam eine sehr düstere Platte, vielleicht die düsterste, die du jemals aufgenommen hast.

Fish: Ich würde eher sagen, sie ist ähnlich dunkel wie „Clutching At Straws“. Ich wusste von Anfang an, dass sie düster werden würde, deswegen habe ich ja auch den Titel gewählt. Der Titel stand am Anfang, Titel von Alben sind mir generell sehr wichtig, beschreiben sie doch das, was letztlich im Paket enthalten ist. Und ich sah eine interessante Parallele zwischen dem letzten Album meiner Karriere und dem letzten, das ich mit Marillion aufgenommen habe. Es gibt da mehrere thematische Anknüpfungspunkte.

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