MANIKIN RECORDS - Gralshüter der Berliner Schule

MANIKIN RECORDS - Gralshüter der Berliner Schule

Die kleine, aber feine Nische der traditionellen elektronischen Musik wird von gerade mal einer Handvoll spezialisierten Labels abgedeckt. Manikin Records, am 1. April 1992 in Berlin gegründet, kann für sich beanspruchen, besonders konsequent und fruchtbar die große Tradition der Berliner Schule (Tangerine Dream, Klaus Schulze u. a.) fortgeschrieben zu haben. Anlässlich seines in diesem Jahr begangenen 30-jährigen Jubiläums werfen wir hier einen Blick auf Ausrichtung und Entwicklung des Labels. 

Manikin-Inhaber und Musiker Mario Schönwälder hat aus seiner Leidenschaft eine Berufung gemacht: „Als Kind des Jahrgangs 1960 habe ich eine recht unmusikalische Kindheit in Berlin durchlebt. Erst im Teenageralter wurde die Liebe zur Musik geweckt, die sich zu einer Leidenschaft auswuchs. Dementsprechend habe ich keine musikalische Grundausbildung erhalten. Alles technische Wissen über Synthesizer und das Spielen auf der Tastatur habe ich mir autodidaktisch beigebracht.“ Standards setzende 70er-Jahre-Alben wie Tangerine Dreams „Stratosfear“ und Schulzes „Mirage“ waren für Schönwälder Inspiration, die „ursprüngliche Idee“ hinter der Gründung des Labels bestand aber schlicht darin, die eigene Musik selbst zu vermarkten. Neben seinen Projekten Broekhuis, Keller & Schönwälder (BK&S) oder Filter-Kaffee wuchs dann aber auch eine kleine Schar von Künstlern wie Electric Orange, Ashra, Spyra oder Rainbow Serpent heran, die auf Manikin veröffentlichen. 

Aufgrund Schönwälders „persönlicher Vorliebe für diese Spielart der elektronischen Musik“ ist Manikins Katalog stark der Berliner Schule der 70er- und 80er-Jahre verpflichtet mit ihren typischen langen, hypnotischen „Sequenzerfahrten“, auf denen markante Leadsynthies thronen – auch wenn im Laufe der Zeit natürlich moderne Einflüsse hinzukamen. Zu den bisherigen Highlights zählt der Labelchef die Veröffentlichungen von Klaus Schulze – das habe „dem Label früh ordentlich Schub“ gegeben. „Mit den Formationen Fanger & Schönwälder 2007 und Broekhuis, Keller & Schönwälder 2012 in den USA Konzerte spielen zu können, war ebenfalls großartig“, fügt er hinzu. 

Einen Namen gemacht hat sich Manikin zudem mit außergewöhnlichen Veröffentlichungen wie einer CD von Fanger & Schönwälder in einer runden Blechdose („Analog Overdose 4+“, 2007) oder des berühmten Klaus-Schulze-10-CD-Sets „Contemporary Works 1“ (2000) in einer Holzkiste mit Brandzeichen. Schönwälder erinnert sich noch gut an den ersten Kontakt mit dem großen Elektronikpionier: „Eines Abends im November 1994 ging ein Fax von Klaus D. Müller, dem Verleger von Klaus Schulze, ein. Es ging um das damals zweite 10-CD-Boxset ‚Historic Edition‘“ – der Anfang einer Vielzahl von Veröffentlichungen von Klaus Schulze und Manuel Göttsching/Ashra/Ash Ra Tempel von 1995 bis 2002.

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